SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Nemesis 1-6

2007 las ich den Anfang der Reihe NEMESIS von Wolfgang Hohlbein. Vor einiger Zeit holte ich mir dann den Rest, wollte ja wissen, wie die Geschichte beendet wurde. Denn ich stelle fest, dass in den letzten 8 Jahren viel mit mir passiert ist und sich meine Einstellung in manchen Dingen doch sehr geändert hat. Dazu gehört eben auch Hohlbein, den ich früher verschlang, wohlwissend um seine triviale Natur und dennoch unterhaltsam, und den ich heute eher abschätzig betrachte und mit dem ich nicht mehr viel anfangen kann. Aber gut, ich wollte es wissen, deswegen las ich einen alten Titel, der mich damals eben begeisterte, um zu sehen, ob es an ihm oder an mir liegt. Tja, und was soll ich sagen - es liegt in diesem Fall an mir ;-)


Aber erst einmal zur Handlung: ein reicher Typ lädt drei Männer und drei Frauen ein. Sie alle haben die Möglichkeit, ihn zu beerben. Aber nur unter gewissen Voraussetzungen. Und nach dieser Eröffnung dürfen sie, weitab der nächsten Ortschaft, in einem Schloss auf dem Hügel, die Nacht verbringen. Doch schlafen wird in dieser Nacht niemand, statt dessen wird die Zahl der möglichen Erben immer kleiner, und es stellt sich die Frage, wer die Beteiligten überhaupt sind, und weshalb der Verstorbene gerade sie zu sich bestellt hat.

Keine ausgeklügelte Rezension, sondern wieder nur unsortierte Gedanken diesmal ;-)

Schon im ersten Band gibt es zuviel Extreme. Alles ist Maximum, es ist unvorstellbar, dröhend, donnernd, hämmernd, man ist kurz vor der Ohnmacht, die Erkenntnis schnürt ihnen die Kehle zu, der Schädel kurz vorm Explodieren und das Adrenalin rast durch den Körper und das Herz schlägt wie ein Trommelfeuer, alles hart am Limit. Früher war das scheinbar für mich okay, weil es einfach unterhaltsam war. Inzwischen lege ich deutlich mehr Wert auf einen guten Aufbau und einen durchdachten Plot. Und wenn bereits im ersten Sechstel der Geschichte alles am Limit ist, dann hat der Autor wohl deutlich übertrieben und lässt keine Möglichkeit zur Steigerung mehr. Außerdem finde ich das inzwischen sehr ermüdend, bin da deutlich entspannter geworden, brauche nicht mehr so viel Adrenalin, um in fremde Welten zu tauchen ;-)

Band 1 und 2 waren ein ziemlich rasanter Einstieg, im dritten und vierten Band zieht es sich etwas, bevor es in den letzten beiden Bänden wieder anzieht. Ich finde, Hohlbein hätte sich etwas kürzer fassen können. Ein paar Höhepunkte entfernen, ein paar überzogene Szenen kürzen, dafür etwas mehr an den Charakteren und der Story feilen. Hätte dem Buch meiner Ansicht nach gut getan.

Was mir schwer fiel: die Charaktere waren mir ALLE durchweg unsympathisch. Ich denke, das war auch die Absicht des Autors. Aber ich habe dadurch nicht mitgefiebert. Denn es war auch kein typischer "Hass-Chara" dabei, an dem das Herz hängen könnte und an dem man sich entlanghangelt. Es waren einfach unsympathische Typen, mit denen man sich nicht identifizieren konnte. Jedenfalls ich nicht.

Gegen Ende habe ich viel überflogen, dabei aber nicht unbedingt etwas verpasst. Die Kernaussage lässt sich recht knapp zusammenfassen und ergibt sich auf den letzten Seiten als Fazit, dafür hätte es eine Menge des Gemetzels zuvor nicht benötigt. Eben eine seichte Unterhaltung, ähnlich Stephen King, für den ich die gleiche Bewunderung und den gleichen Widerwillen empfinde. Beides Mainstream-Autoren, die ihr Handwerk exzellent verstehen, die sich aber meiner Ansicht nach eher auf die Klasse als die Masse spezialisieren sollten. Vor allem - das ist hier wieder typisch - das Lektorat bei Hohlbein sollte gelegentlich die Augen öffnen. Es wirkt doch sehr oft wie hingerotzt und nicht einmal korrekturgelesen. Schade, dass den Fans ein solcher Schnellschuss vorgesetzt wird, ich fühle mich dann wie Melkvieh und nicht ernst genommen als Leser. 

Aber gut, damals hat mich NEMESIS begeistert, heute habe ich dafür nur herbe Worte. Dass Hohlbein kein Rilke und kein Murakami ist, das wissen wir, und trotzdem lesen wir ihn. Oder, besser gesagt: auch und gerade deswegen lesen wir ihn. Weil er einfach nur Unterhaltung bietet, wenn das Hirn mal wieder eine Auszeit braucht und wir uns einfach nur amüsieren wollen. 

Ja, amüsiert habe ich mich. Und weil ich so viel überflogen habe, ging es auch recht schnell, sodass ich nicht einmal über die vertane Zeit jammern könnte. Also, was beklage ich mich. Es hat mich ja niemand zum Lesen gezwungen ;-)

SaschaSalamander 05.10.2015, 08.43

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