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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Thriller
Sterbenswort
Was tust Du, wen die Vergangeheit plötzlich ihre blutbefleckten Hände nach Dir ausstreckt? - Als ihr klar wird, dass in ihrer Abwesenheit regelmässig jemand in ihre Wohnung eindringt, klettert Panik in der jungen Mutter Kathrin hoch. Als dann noch ihre Tochter von Kathrins vermeintlich totem ehemaligem Mitbewohner Erik angesprochen wird, weiß sie, dass etwas Schreckliches bevorsteht. Wird die tragische Entscheidung, die sie und ihre Freunde damals in der WG getroffen haben, sie nun einholen? Getrieben von Schuld und Rache, beginnt ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit, und zum ersten Mal in ihrem Leben muss Kathrin die Kontrolle abgeben.
AUTOR
Auf den Sigfried Langer wurde ich durch den Roman >VATER MUTTER TOD< aufmerksam, der mich damals sehr begeisterte und auch noch lange in mir nachwirkte. Der Lebenslauf des Autors ist recht bewegt und faszinierend, ich empfehle einen Link auf seine >Vita<.
ERWARTUNGEN AN DAS BUCH
Ich war etwas skeptisch gegenüber STERBENSWORT. Denn das ist immer ein großes Problem: wenn jemand ein tolles Konzept und eine geniale Idee hat, dann ist der folgende Roman entweder ein geschmacksarmer Aufguss, oder aber der Versuch einer neuen genialen Idee, gescheitert an zu hohen Erwartungen und selbstauferlegtem Druck etwas Großartiges konzipieren zu müssen. Meine persönlichen Erwartungen an STERBENSWORT waren also sehr gering, und das Buch lag einige Zeit auf meinem Stapel, immer wieder schob ich es vor mir her. Nur, um es dann an zwei Tagen in rasendem Tempo zu verschlingen.
AUFBAU
Die Erzählung ist anfangs in zwei, später in drei und bald darauf vier Erzählebenen gegliedert. Das Buch besteht aus vielen kleinen Kapiteln, manche nur zwei Seiten, andere etwas länger. Die Überschriften lauten immer gleich: "Damals, "Heute", "Sterbenswort" und "Neulich".
Die erste Ebene ist "Heute", als Kathrin unheimliche Dinge in ihrer Wohnung erlebt und sich bald darauf mit ihren ehemaligen Studienfreunden zusammenschließt, um das Geheimnis des totgelaubten Freund zu lüften. Diese Ebene ist fortlaufend chronologisch erzählt.
Die zweite Ebene spielt "Damals". Sie springt in die Zeit vor und nach dem tragischen Ereignis, handelt mal von den Ermittlungen, mal von der Vorgeschichte der Freunde, mal dem Danach. Obwohl der Autor beständig in der Zeit springt, ist es für den Leser stets klar ersichtlich, wo das Kapitel einzuordnen ist. Verständnisprobleme gibt es an keiner Stelle.
Die dritte Ebene "Sterbenswort" werde ich natürlich nicht spoilern. Nur soviel, hier beginnt der Wettlauf mit der Zeit, und die Seiten rasen immer schneller dahin ;-)
Die vierte Ebene spielt sich "neulich" ab. Diese Ebene sorgte bei mir anfangs für positive Verwirrung, denn sie zeigt dem Leser nicht sofort, wer der Protagonist ist und warum seine Geschichte erzählt wird. Es gibt mehrere Deutungsmöglichkeiten, und vermutlich konnte der Autor einige Leser damit geschickt in die Irre führen. Ich finde diese Kapitel einen geschickten Schachzug, um die Story voranzutreiben.
Dann gibt es noch die Kapitel "DVD", die man als Einschub verstehen kann, oder als eigene Ebene. Auch mit diesen kurzen Momenten sorgt Langer auf einfache Weise für Spannung.
Womit Langer in seinen Büchern VATER, MUTTER, TOD und STERBENSWORT auf jeden Fall punktet und was den Reiz seiner Geschichten ausmacht, das ist die geschickte Erzählweise, wo er in Cut-Up Technik immer wieder eine kleine Information packt. Man weiß nicht wirklich, um was es geht, doch von Seite zu Seite meint man immer mehr zu begreifen. Da die Kapitel so kurz sind, möchte man schnell diese zwei Seiten noch lesen, dann legt man das Buch weg. Naja, okay, noch zwei Seiten. Ein Pageturner wie aus dem Lehrbuch, bei dem fast jedes Kapitel mit einem Cliffhanger endet. Der erste und letzte Satz packen den Leser am Kragen und ziehen ihn tiefer in das Buch, Aufhören unmöglich.
SPRACHE
Was die Sprache betrifft - nun ja, zugegeben, den Literatur Nobelpreis wird Siegfried Langer wohl nicht gewinnen. Ist aber auch nicht nötig, denn so packend wie das Buch ist, ist die schlichte Sprache perfekt zum raschen Überfliegen, zum atemlosen Flug von einer Seite zur nächsten. Ich wollte mich beim Lesen nicht in komplexen Sätzen verstricken oder mich an grammatikalischen Feinheiten stoßen. Die Worte dienen hier dem Transport der Story. Und Sigfried Langer weiß, wie er das Gewicht auf die Handlung legen kann, ohne die Sprache störend in den Vordergrund zu rücken.
Zudem empfinde ich seine Worte als klar und direkt, der Leser wird keiner umständlichen Interpretation ausgesetzt. Die Handlung bietet ausreichend Anlass zum Rätselraten, doch an den Worten gibt es nichts zu rütteln, darüber muss man nicht auch noch diskutieren.
EIGENE METHODE
Siegfried Langer hat eine ganz eigene Art, Geschichten zu erzählen. Ich höre schon die Kritiker, die hier und da schimpfen über die nicht ausgefeilten Charaktere, über die einfache Sprache. Und muss schmunzeln. Denn mal ehrlich - wer will ein Buch lesen, das in allen Punkten perfekt ausgewogen ist? Ganz ehrlich: ich nicht. Ich liebe es nämlich, wenn ein Autor Experimente wagt und einzelne Aspekte in den Vordergrund rückt.
Im Grunde ist die Geschichte um STERBENSWORT recht simpel. Hätte ein anderer Autor sie chronologisch erzählt, sie wäre langweilig und fad, hätte kein Material für einen Roman geboten. Doch Langer hat durch seine Technik einen großartigen Thriller daraus gemacht. Würde man einen komplexen Roman irgendeines bekannten Krimiautoren nehmen, er würde bei der hier angewandten Methode dagegen deutlich an Spannung verlieren, weil der Leser mit all den zerstückelten Informationen nicht mehr folgen könnte. Es muss eben immer zusammenpassen. Und das tut es bei Langer! STERBENSWORT wirkt, weil es einfach mal anders und knackig ist.
FAZIT
Absolute Empfehlung für Freunde ausgewählter Mystery-Thriller. So ganz anders und genau richtig. Lasst Euch drauf ein und genießt die Gänsehaut, die sich hier und da immer wieder einstellt ;-)
SaschaSalamander 05.12.2012, 08.35 | (0/0) Kommentare | PL
Die weiße Krähe
Die Geschichte der beiden Mädchen fügt sich sehr rasch, der Zusammenhang zwischen den Experimenten des Pfarrers und dem gegenwärtigen Erleben der Freundinnen offenbart sich erst später. Dem Leser stellen sich gleich zu Beginn sehr viele Fragen, die erst im Laufe des Buches geklärt werden, teilweise auch offen bleiben. Den Leser erwartet kein Abenteuer, keine Action, sondern vielmehr eine Geschichte, die nachdenklich stimmt hinsichtlich religiöser, philosophischer und mystischer Aspekte. Das Erzähltempo ist eher langsam, beschaulich, steigert sich zum Ende hin jedoch immer mehr, die Verbindungen werden dichter, die Spannung steigt bis hin zum tragischen Showdown. Es gibt einige Längen im Buch, die jedoch dem ruhigen Stil und der schleichenden Entwicklung der Geschichte entsprechen.
Die drei Sprecher (Maria Koschny, Anna Thalbach und Wolfgang Condrus) wurden sehr gut ausgewählt und passen zu den jeweiligen Rollen. Die Musik und einige wenige Effekte wurden sehr sparsam eingesetzt, untermalen die Atmosphäre perfekt und schaffen ein Gefühl von Beklemmung und Enge. An manchen Stellen hätte ich die Musik gerne ausgeschaltet, weil es mir ZU spannend war, regelrecht an den Nerven zerrte, unterschwellig und kaum hörbar doch stets präsent und bedrohlich.
Ein perfektes Buch und Hörbuch für Jugendliche und junge Frauen, spannungsgeladen und düster. Ideal für einen kuschligen Abend mit der besten Freundin, dazu einen Gewürztee / schweren Rotwein und anschließend lange Gespräche über Leben, Tod und die Welt dazwischen :-)
Wertung: 8,5 von 10 Gedichtbücher
SaschaSalamander 30.11.2012, 08.35 | (0/0) Kommentare | PL
Das Testament
Gelesen im November 2005, entsprechend alt die Rezension. Bitte immer bedenken, dass seitdem vieeeel Zeit bei mir im Blog vergangen ist ;-)
"Das Testament" von Grisham ist eines der Hörbücher, die ich in jeder freien Minute hörte. Eben Grisham, das sagt eigentlich alles. "Die Firma", "Der Regenmacher", "Die Jury", "Die Kammer" und viele andere Werke wurden verfilmt. Aber inzwischen hat er ja so unzählig viele Bücher geschrieben, dass ich kaum noch hinterherkomme mit Lesen. Da bin ich doch dankbar für jedes Hörbuch, das mir von ihm in die Hände fällt ;-)
Troy Phelan ist der zehntreichste Mann der USA. Er war mehrere Male verheiratet, hat ziemlich viele Kinder und noch mehr Enkel. Einer raffgieriger und verlotterter als der andere. Schon zig Testamente hat er aufgesetzt und widerrufen. Nur wenige Sekunden vor seinem Selbstmord setzt er ein letztes Testament auf. Ein genialer Schachzug, dieses Testament! Er weiß, wie geldgierig seine Erben sind. Ihnen vermacht er das Geld, um deren Schulden an seinem Todestag zu decken. Was nach diesem Tag anfällt (das Testament darf erst einen Monat später verlesen werden, dies war sein Wille), soll nicht mehr gezahlt werden. Der Rest des gesamten Vermögens geht an Rachel Lane, seine uneheliche Tochter (von der bis dato niemand wusste), die als Missionarin in Brasilien arbeitet.
Tja, und hier beginnt die ganze Geschichte. Die Erben, töricht wie sie sind, verprassen bis zur Eröffnung des Testaments natürlich das gesamte Geld, und Rachel Lane ist kaum auffindbar. Rechtsanwalt Nat Riley (wie bei Grisham häufig üblich ein heruntergekommener Mann, schon mehrere Entziehungskuren hinter sich) soll sich auf die Suche nach ihr machen. Er findet sie, und sie zeigt kein Interesse an all dem Geld. Phelans Kinder fechten das Erbe an, Nat erlebt während seiner Krankheit im Busch ein himmlisches Wunder, und die Anwälte lechzen nach ihrem Stundenlohn und dem erhofften Gewinnanteil.
Hach, es macht Spaß. Dieses Buch ist zu einem guten Stück Schadenfreude und herzliches Mitfühlen. Man gönnt den Kindern das Geld nicht, sie sind wirklich absolut unsympathisch dargestellt. Der missratene Anwalt, der im Laufe des Buches immer mehr seine Meinungen und Einstellungen ändert und zum "Guten" wird, bekommt am Ende, was der Leser ihm wünscht. Das Geld wird so verteilt, dass man sich als Leser einfach freut. Schön. Das Gute hat wieder gesiegt. Wenigstens für diesen Moment war meine kleine Welt wieder in Ordnung, bevor ich zurückkehrte in die Realität.
Große Überraschungen hält John Grisham im "Testament" nicht bereit, es ist recht vorhersehbar. Schade finde ich auch, dass manche Dinge noch ein wenig hätten ausgebaut werden können. Es klang anfangs, als brächte ein Aspekt des Testamentes (ich habe der Spannung halber natürlich nicht alles genannt) noch weitere Entdeckungen mit sich. Auch gibt es eine Figur, die man hätte ausbauen können (die einzige Person, die um Rachels Identität weiß). Das alles schien mir sehr eine Andeutung auf später Kommendes zu sein, entpuppte sich aber als lediglich kurze Erwähnung. Vielleicht wurden diese Punkte im Buch ausgebaut, im Hörspiel jedoch gekürzt. Falls dies der Fall ist, hätte eine weitere CD nicht geschadet.
Ansonsten fand ich "das Testament" einfach nur Klasse. Ein typischer Grisham. Wer schon Bücher von ihm gelesen hat, weiß, was ihn erwartet und kann entsprechend seinem Geschmack zugreifen oder nicht. Wer Grisham nicht kennt, sollte sich den Großmeister der Gerichtsthriller auf jeden Fall einmal zu Gemüte führen, er zählt eigentlich schon zum Allgemeinwissen in Sachen Literatur ;-)
SaschaSalamander 16.11.2012, 09.02 | (0/0) Kommentare | PL
Wenn er kommt, dann laufen wir
Jeff und Troy sind zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Jeff zu Hause, brav, anständig, wohlerzogen. Troy seit über fünf Jahren wegen Mordes lebenslänglich im Gefängnis. Wegen Verfahrensfehlern wird er nun entlassen und zieht wieder bei seinen Eltern und seinem Bruder ein. Und noch bevor Troy zu Hause bei ihnen ankommt, beginnen für Jeff die Probleme: seine Freundin darf nicht mehr mit ihm reden, als er ihr und sie wiederum ihrem Vater von der Rückkehr des Bruders erfährt. Außerdem hat Jeff Angst, denn er kennt die Verschlagenheit und Bösartigkeit des Älteren. Doch die Eltern freuen sich auf ihn, geben ihm eine zweite Chance. Und Troy tut alles, sich zu beweisen. Er arbeitet hart, ist umsichtig, verantwortungsvoll und tut sein Bestes, sich wieder in der Gesellschaft zu integrieren. Einzig Jeff traut ihm nicht. Und dann verschwindet plötzlich der Junge, mit dem Troy zuvor einen Streit hatte. Und nun beginnen die Schwierigkeiten für Jeff erst richtig ...
Die Geschichte hat mich sehr begeistert, und ich habe das Buch in kürzester Zeit zu Ende hören wollen. Es ist überaus spannend, wie es sich nun entwickeln wird. Mal glaubt man, Troy sei unschuldig, Jeff einfach nur zu misstrauisch. Ein andermal erscheint Troy verdächtig, und man fragt sich, wie man sich von ihm bzw vom Autor nur einwickeln lassen konnte. Ich wollte endlich wissen, was denn nun der Fall war, in welche Richtung der Autor uns führen wollte. Wollte er uns klarmachen, dass wir an das Gute im Menschen glauben müssen, dass Gefühl und Verdacht hinfällig sind, solange die Unschuld eines Menschen nicht eindeutig bewiesen ist? Oder wollte er uns zeigen, dass man manchmal einfach blind ist und nicht sehen will, was offensichtlich ist, nur, weil man es nicht sehen will, weil man es fürchtet?
Ich denke, die Geschichte hat keine feste Moral, sie winkt nicht mit dem Zeigefinger "sieh her, kein Mensch ist von Grund auf böse, man kann sich ändern", und sie will auch nicht beweisen "hey, wer einmal böse war, ändert sich nicht mehr". Sondern sie erzählt einfach von den Problemen des Jugendlichen Jeff, die sich aus der Inhaftierung seines Bruders und der für ihn und die Familie folgenden Stigmatisierung ergeben. Und sie will den Leser während der Handlung zum Nachdenken bringen. Was ihr auch hervorragend gelingt. Schade finde ich das Ende ja schon, ich hätte es mir anders erhofft, aber ohne Spoiler kann ich leider nicht viel dazu sagen. Nur soviel: der Autor wirkt mir, als wären Schubladen nur allzu tief in ihm verwurzelt, als hätte er nicht wirklich vorurteilsfrei schreiben können ... fast, als wolle er etwas verarbeiten, das noch in ihm gärt ...
Was ich ebenfalls schade finde: der Sprecher ist sehr monoton. Ein wenig mehr Leben in der Stimme hätte nicht unbedingt geschadet. Hier und da gibt es ein paar wenige Stellen mit Spannung und packender Handlung, doch auch diese werden ähnlich schleppend vorgetragen wie der Rest der Geschichte, der vor allem aus Gedankengängen Jeffs und eher neutralen Schilderungen des Alltages zu Hause und in der Schule besteht.
Ein weiteres Manko, das hoffentlich nur Teil des Hörbuches ist und im Buch besser behandelt wird: ein solches Thema wirft extrem viele Fragen auf. Über Gut und Böse, über Schuld, Unschuld, Vorurteil. Fragen, die philosophisch, medizinisch, soziologisch, sozial oder pädagogisch erklärt werden können. Im Hörbuch wird angerissen, dass die Schüler dies bei ihrem Lehrer behandeln und einen Aufsatz schreiben müssen, doch dem Hörer bleiben die Erkenntnisse des Autors vorenthalten. Nun weiß ich natürlich nicht, ob diese im Buch vorhanden sind oder nicht, aber falls im Buch vorhanden, dann rate ich dringend vom Hörbuch ab, da dort nur die Handlung bleibt und diese für sich eher ärmlich ist, so spannend die Frage nach der Schuld des Bruders an sich auch sein mag.
Alles in allein ein eigentlich an sich sehr spannendes und packendes Hörbuch. Der Vortrag allerdings und die fehlenden Erkenntnisse (eigentlich ja das Kernstück eines Buches: was kann der Leser für sich mitnehmen) sind eine große Schwäche. Die Story hat ein unglaubliches Potential, doch ob dieses im Roman selbst ausgeschöpft wurde, kann ich leider nicht sagen. Das Hörbuch selbst aber kann ich nur eingeschränkt empfehlen ...
SaschaSalamander 02.11.2012, 10.13 | (0/0) Kommentare | PL
MindNapping 11 - Insel-Menschen
Cove Island ist nur eine sehr kleine Insel. Die Bewohner kennen sich, und trotzdem hat jeder seine kleinen Geheimnisse, seine verborgenen Wünsche und Hoffnungen. Eines Tages fischt Pauly einen Toten aus dem Meer, der viele Geldbündel bei sich trägt und Spuren von Folter aufweist. Die Bewohner beschließen, das Geld für sich zu behalten, doch bald stehen Fremde vor der Tür und wollen ihr Geld zurück ...
JOHN BECKMANN
Die inzwischen bereits elfte Folge der Reihe MINDNAPPING wurde von >John Beckmann< geschrieben, der inzwischen zu meinen liebsten Hörspiel-Autoren zählt. Er zeichnet sich verantwortlich für sehr viele Folgen von >Lady Bedfort<, auch für den >DarkSide Park< schrieb er drei Folgen. Seine Beiträge beinhalten kaum Action, dafür ausgefeilte Charaktere und eine geschickt aufgebaute Story, vermögen selbst einem Krimi oder Thriller warme, menschliche Züge zu verleihen. Seine Geschichten sind meist geradlinig in der Erzählstruktur und in sich dennoch komplex, eine ideale Mischung aus Anspruch und entspanntem Hören. Er ist ein Meister der leisen Töne.
CHARAKTERE
Pauly, Margret, Helen, Frank, Michael, Norman, sie leben auf der Insel und haben jeder seine Sorgen. Gleich zu Beginn wird hier und da eine Vergangenheit angedeutet, ein Teil der Spannung des Hörbuches zieht sich aus der Frage nach den jeweiligen Hintergründen der Figuren. Die beiden Fremden werden wenig ausgebaut, das ist jedoch nicht erforderlich, sie erfüllen ihren Zweck. Wichtig sind die Menschen auf der Insel. Zwar hatte ich mir etwas mehr erhofft hinsichtlich der Backgrounds, doch bei genauem Hinsehen: was Beckmann bietet ist nicht ohne, doch er verpackt es und lässt es still wirken. Große Wirkung, großes Geheimnis, und doch wirkt es eher ruhig, die Idylle der Inselmenschen wird inhaltlich komplett zerstört, fordert tragische Opfer und bewahrt dennoch ihre nach außen friedliche Fassade.
AUFBAU
Jürgen Kluckert (Lady Bedfort, Benjamin Blümchen, Gabriel Burns) leitet den Hörer durch die Erzählung. Er macht seine Sache großartig, wie man es von ihm kennt und liebt. Mir war allerdings nicht ganz klar, was Kluckert (so gut er seine Arbeit auch gemacht hat) bewirken sollte. Er war nicht in die Handlung eingebunden, agierte als olympischer Erzähler, wirkte für mich wie ein Fremdkörper auf der Insel. Ich hätte es schöner gefunden, wenn die Geschichte ohne Erzähler geschrieben worden wäre, wenn die Charaktere sich mehr austauschen und der Hörer durch Gespräche und Aktionen die Hintergründe erfährt statt sie auf dem Silbertablett erzählt zu bekommen.
Die Handlung beginnt mit einem einzelnen Inselbewohner, bald kommt der nächste hinzu, bis man einige Zeit später alle kennt. Ich habe die Figuren recht bald liebgewonnen. Sie sind schrullig, haben ihre Macken und sind eigenständige Persönlichkeiten, eben Beckmanns Stärke: normale Menschen wie Du und ich, die plötzlich aus ihrem Alltag gerissen werden. Wer Action, atemlosen Thrill und ein turbulentes Abenteuer erwartet, ist mit dieser Folge definitiv schlecht bedient. Wer wie ich allerdings eine ruhige Erzählweise mit einem bedrohlich steigenden Aufbau liebt, der bekommt eine wunderbare Story geboten. Langsam, Schritt für Schritt, entwickelt sich das Geschehen, fügt sich ein Stein auf den anderen, vervollständigt sich das Bild.
Verglichen mit den anderen Folgen der Serie ist INSEL-MENSCHEN um einiges ruhiger als die meisten und ausnahmsweise absolut geradlinig erzählt. Ich mag diesen Stil, allerdings darf es nach >MONTANA< und >TRAUMTÄNZER< gerne wieder eine etwas lebhaftere Folge mit etwas mehr Thrill und Action geben ;-)
SPRECHER
Jürgen Kluckert als Erzähler habe ich schon erwähnt. Ebenso bekannt und professionell die anderen Sprecher der INSEL-MENSCHEN. Besonders gefreut habe ich mich über Luise Lunow, die ich seit >Lauter nette Damen< überall wiedererkennen würde. Ansonsten trifft man hier auf Sven Plate, Martin Kessler , Michael Pan, Arianne Borbach, Jan Spitzer, Stefan Friedrich und Wolfang Bahro, ebenfalls "alte Hasen" vor der Kamera bzw hinter dem Mikrofon. Hier hat die Chemie gepasst, die Bösen haben ihre Rolle überzeugend gespielt, und die Insel-Menschen wirkten "wie aus einem Guss", als würden sie sich bereits lange kennen, eine verschworene Gemeinschaft. Die idyllische Fassade und die Harmonie zwischen den Sprechern lassen die Geschichte umso besser wirken.
MUSIK
Die Musik gefiel mir in dieser Folge außerordentlich gut, sie passt sich dem ruhigen Stil an, vermittelt unterschwellig Spannung und wächst merklich an. Besonders gelungen finde ich den Einsatz des Didgeridoo, das man sonst zwar mit Australien assoziiert, das hier aber perfekt passt. Das dumpfe Vibrieren, meditativ, beruhigend (wie die idyllische Fassade der Insel) und zugleich unheilverkündend, ein namentlich nicht nennbares Kribbeln im Körper erzeugend. Es mag eine ungewönliche Wahl sein, aber ich finde, dieses Instrument passt wunderbar zu der Atmosphäre, die Beckmann in seinen Geschichten vermittelt.
FAZIT
INSEL-MENSCHEN ist eine geradlinie, unkomplizierte Folge, die ihren Reiz aus der sich schrittweise entwickelnden Handlung zieht. Kein Highlight der Serie, in sich aber eine außergewöhnlich gut erzählte Geschichte für jeden, der in "langsame Handlung" und "Spannung" keinen Widerspruch sondern eine ganz besondere Perle zu sehen vermag.
Wertung: 8 von 10 geheime Keller
SaschaSalamander 29.10.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL
Dark Mysteries 04 - Schließe nicht die Augen
Der Ich-Erzähler, ein Polizist, hat Träume, in denen er blutigen Morde aus Sicht des Opfers erlebt. Er findet heraus, dass dies tatsächlich Morde sind, in denen sie seit einiger Zeit ermitteln. Spielt ihm sein Gehirn einen Streich, oder wurde er tatsächlich Zeuge des Geschehens? Natürlich wirken seine Albträume sich auf die Arbeit aus, und so suspendiert der Chef ihn vorübergehend vom Dienst und empfiehlt ihm auch gleich eine nette Urlaubspension. Doch statt erholsamen Urlaub erwartet den Polizisten bereits der nächste Mord ...
IDEE, GENRE, AUFBAU
Die Idee hat mir sehr gut gefallen, ist keine absolute Innovation aber trotzdem erfreulich unverbraucht und eine sehr gute Grundlage für ein Hörspiel. Ein packender und teils recht blutiger Thriller gepaart mit einigen Mystery-Elementen und einer mehr oder weniger überraschenden Wendung.
Die Geschichte beginnt mit einem blutigen Mord, der Hörer ist mitten im Geschehen. Die Handlung ist eher ruhig und wenig actionreich, besteht vor allem aus Gesprächen und dem Erzählteil. Die Träume dagegen sind grausam, brutal und herrlich eklig. Die Auflösung ist wenig überraschend, hat aber dennoch eine nette Wende zu bieten und ist dann leider ein stückweit ... mh, nein, "an den Haaren herbeigezogen" möchte ich nicht sagen, aber es ist nicht leicht, für solche Themen ein passendes Ende zu finden, und hier hat man dann auf etwas zurückgegriffen, das ich immer recht enttäuschend finde. Aber gut, irgendein Ende muss man haben, und übersinnliche Dinge lassen sich nunmal selten zufriedenstellend erklären, irgendein Hörer ist immer damit unzufrieden. Was ich aber toll finde: Titel sind meistens einfach nur Titel, von wenig Belang, damit eben "das Kind einen Namen hat". Hier allerdings hat man sich wirklich Gedanken gemacht und eine tolle Idee gehabt, die ich hervorheben und loben möchte. Wer wissen möchte, was es mit SCHLIESSE NICHT DIE AUGEN auf sich hat, soll sich hier überraschen lassen ;-)
SPRECHER
Mit Detlef Bierstedt als Protagonist wurde eine bekannte und professionelle Stimme herangezogen, er vermag den nervlich belasteten Polizisten sehr gut darzustellen. Mit Jens Wendland, Wolfgang Rüter, Susan Weckauf und einigen anderen hat man weitere bekannte Sprecher geholt, die man in Hörspielen bisher nicht allzu oft gehört hat und die mir selbst noch recht neu sind. Man hört, dass sie Übung haben und Profis sind, dennoch muss ich zugeben, dass es zwei Rollen gab, die ich persönlich anders besetzt hätte, da mir die Sprechweise etwas zu künstlich und überdramatisiert wirkt. Dies ist jedoch Geschmackssache und hat den Genuss des Hörspiels für mich nicht maßgeblich beeinträchtigt.
UMSETZUNG
Die Umsetzung finde ich wirklich gelungen. Eine große Stärke des Labels ist die Darstellung von ekligen Szenen. Waren die erste Folge >FUCHSJAGD< und der zweite Teil damit regelrecht überladen, war es im dritten Teil >HOTEL DER VERLORENEN ZEIT< eher zurückhaltend, so hat man hier eine perfekte Mischung aus Handlung und Splatter gefunden. Leider aber hat der Handlungsteil es nicht geschafft, mich sonderlich zu fesseln. Gut, natürlich wollte ich wissen, was es mit den Träumen auf sich hat und wie sich die Morde aufklären, dennoch war es kein Problem für mich, mittendrin auch einmal zu pausieren und mich anderen Dingen zu widmen. Es fehlte der letzte Kick, der so richtig begeistert.
Trotzdem, die Geräusche sind einmalig, man hört regelrecht das Blut spritzen, ich habe mich auf meinem Sitz gewunden, es war wie der sprichwörtliche Autounfall: ich wollte es nicht hören, es war einfach ZU eklig, aber ich konnte mich nicht abwenden, es war genial, realistisch und absolut faszinierend.
FAZIT
Eine packende Handlung wie im HOTEL DER VERLORENEN ZEIT und solch geniale Splatterelemente wie in SCHLIESSE NICHT DIE AUGEN, das wäre die perfekt Mischung für fünf Punkte, und ich bin sicher, dass Markus Winter und sein Team das schaffen können. War ich anfangs noch skeptisch, bin ich inzwischen recht begeistert und kann die nächste Folge kaum erwarten!
Wertung: 12 von 15 langsam ausgeblutete Kadaver
Anmerkung: ursprünglich hatte ich hier das Cover auf voller Blogbreite. Allerdings empfand ich das in der Vorschau immer als sehr unangenehm, also habe ich es entfernt. Wie auch schon bei einigen anderen Titeln: ich muss meine Leser nicht mit Horrorcovern erschlagen, wenn sie meien Seite aufrufen ;-)
SaschaSalamander 22.10.2012, 09.11 | (0/0) Kommentare | PL
Mindnapping 10 - Der Traumtänzer
Im Februar 2011 erschien die erste Folge AUF GUTE NACHBARSCHAFT der Reihe MINDNAPPING. Seitdem gibt es regelmässig düstere Unterhaltung, spannende Twists und atemlose Action auf anspruchsvollem Niveau des Erwachsenen-Hörspiels. Meine bisherigen Highlights waren Teil 6 >DOPAMIN< und 9 >MONTANA<, die ich bereits ausführlich im Blog besprochen habe.
Gerade einmal ein halbes Jahr also ist es erst her, und doch darf das Label mit der aktuellen Folge bereits ein kleines Jubiläum feiern: DER TRAUMTÄNZER ist die zehnte Folge, und dafür hat man sich nicht lumpen lassen. Statt wie bisher eine eigenständige Folge zu kreieren, hat man hier ein Crossover mit dem erfolgreichen Projekt >DARKSIDE PARK< gewagt. Ein Grund zu feiern, und umso gespannter war ich natürlich, was den Fans nun also in dieser besonderen Folge geboten wurde.
INHALT
Der Psychologe Dr. Frank Morgan führt eine Therapiesitzung mit der jungen Mary Bellows. Sie erzählt von ihrer Kindheit, ihren Ängsten und sie bis heute begleitenden traumatischen Erlebnissen, erzählt von fiktiven Freunden und realen Bedrohungen. Doch nicht alles im Gespräch ist das, was es anfänglich scheint. Wer ist Mary Bellows wirklich? Ist sie Jäger oder Gejagte? Sind ihre Erinnerungen real oder geschickte Täuschung? Wer hat es auf sie oder Dr. Morgan abgesehen? Eine halsbrecherische Flucht in die Dunkelheit beginnt ...
CROSSOVER DARKSIDE PARK
Das Projekt >DARKSIDE PARK< ist schon etwas älter, ich habe es allerdings erst kürzlich gehört. Umso frischer war natürlich mein Eindruck während des TRAUMTÄNZERS, und ich freute mich, so kurz nach Beenden des ursprünglichen Projektes direkt mit "Nachschub" versorgt zu werden.
Autor des TRAUMTÄNZERS ist Hendrik Buchna, der für den DARKSIDE PARK (DP) bereits vier Geschichten (darunter auch das Finale) schrieb und auch Folgen zu der Serie DIE DR3I sowie DIE ??? beisteuerte. Für DP schrieb er unter anderem die Geschichte um den Psychologen Dr. Frank Morgan, der hier also aufgegriffen wird mit einem eigenen, von der Hauptgeschichte unabhängigen Fall.
Wer den DP kennt, freut sich hier über viele bekannte Elemente, etwa das Tonband mit der Einleitung zur Therapiesitzung. Auch stößt man auf bekannte Namen, deren Kenntnis nicht erforderlich ist aber einige Aha-Effekte beschert. Die Figur des Nachtlings ist hier besonders faszinierend: ich fand ihn bereits im DP sehr interessant und hatte mir mehr über ihn gewünscht, freue mich somit also besonders über sein Erscheinen hier bei MINDNAPPING.
Wie jemand, der die ursprüngliche Geschichte nicht kennt, das Hörspiel wahrnimmt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich habe jedoch schon in verschiedenen Rezensionen gelesen, dass es auch ohne Kenntnis des DP gut verständlich ist. Bisher war MINDNAPPING realistisch gehalten, spielte mit Mindfuck, Twists und Thrill sowie angedeuteten mystischen Elementen. DP passt inhaltlich daher sehr gut in die Reihe.
Für Sammler bietet die CD zusätzlich ein Wendecover, man kann diese Folge also beiden Serien zuordnen.
AUFBAU
Was mir an DER TRAUMTÄNZER besonders gut gefällt ist der Aufbau. Die Folge beginnt als Kammerspiel zwischen Therapeut und Klient, die Sitzung wird sehr ausführlich geschildert. Intensiv und realistisch wird das Gespräch zwischen den beiden dargestellt, dialoglastig und sehr eindringlich in seinem Inhalt. Für mich war besonders dies der beste Teil des Hörspiels, gespannt lauschte ich jedem Wort, versuchte die ersten Hinweise auf das Kommende zu erhaschen, achtete auf jede noch so kleine Aussage, bemühte mich um jedes Wort. Durch das geschilderte Erzählen der Klientin baut sich bereits erste Spannung auf, der Hörer wird mitgerissen von ihren Kindheitserlebnissen, spürt ihre Angst förmlich selbst. Ich finde es interessant, wie alleine durch einen Dialog eine solche Spannung erzeugt werden kann.
Allerdings muss ich zugeben, dass dies deutlich Geschmackssache ist, für manchen mag dies als langatmig oder zäh gelten, einige Hörer wünschen mehr Action. Es ist auf jeden Fall ein gewagtes Experiment, das man hier gewagt hat, und ich für meinen Teil finde es durchweg gelungen. Denn was mich betrifft, ich ziehe Inhalt der Action und dem Krach-Bumm vor, ich liebe die subtilen Untertöne und kann mit temporeichen Stories oft nicht ganz so viel anfangen (was z.B. die Folge DAS GESCHWÜR deutlich zeigt: hochgelobt von Fans, für mich aber eine der am wenigsten interessanten Folgen, ich bevorzuge die Spannung von innen statt von außen).
Nach der sehr langen Therapiesitzung dann kommt ein lauterer, actionreicherer Teil. Wie erwähnt, mein Geschmack ist das nicht, aber da es hier eher gering gehalten wird vom Anteil her, fand ich es in Ordnung und eine passende Abwechslung zum eher ruhigen Start. Dr. Morgan und Mary Bellows müssen fliehen, treffen auf weitere Charaktere, hier gibt es greifbare Handlung und Action.
Dann der Abschluss, grandios und hervorragend inszeniert. Er präsentiert sich nachdenklich und düster, lässt je nach Interpretation einige Fragen offen oder rundet das Thema nun sehr gut ab, klingt noch lange im Ohr und Gedächtnis.
SPRECHER
Den Großteil der Handlung tragen Eckard Dux und Ulrike Stürzbecher. Eckard Dux kennt man bereits aus dem DP als Frank Morgan, und ich freue mich, dass man ihn nun auch für MINDNAPPING gewinnen konnte. Er ist unter anderem bekannt als Arthur aus KING OF QUEENS und passt sehr gut zu dem gesetzten, älteren Therapeuten. Ulrike Stürzbecher kennt man vor allem als deutsche Stimme von Jennifer Aniston, Kate Winslet und Patricia Arquette, als Hörspielsprecherin war sie für mich neu und somit eine profesionelle aber doch frische Abwechslung.
Kleine Gastrollen haben Helmut Krauss, Katja Brügger, Robert Missler und Mark Bremer, die in für MINDNAPPING gewohnter Qualität agieren und dem Text ihre ganz eigene Note verleihen. Besonders Missler und Krauss mag ich sehr, da sie unterschiedlichste Charaktere zu verkörpern vermögen und mir besonders in düsteren Charakteren gefallen. Patrick Holtheuer als Nachtling kommt eine besondere Rolle zu, die ich hier aber nicht spoilern möchte, lasst Euch überraschen ;-)
MUSIK, EFFEKTE
Die Musik untermalt das Hörspiel sehr schön, drängt sich an keinem Punkt in den Vordergrund und trägt sehr zur beklemmenden Atmosphäre des TRAUMTÄNZERS bei. Boccherinis Musica Notturna erhält eine wichtige Bedeutung zum Ende hin, man kann sich wunderbar in diesen Klängen fallenlassen und ganz in die "nächtliche Musik" eintauchen. Auch die Soundeeffekte und Hintergrundgeräusche sind sehr gut gelungen. Gelungen finde ich es dann, wenn sie das Hörspiel stetig begleiten und ich mich im Nachhinein frage "gab es da überhaupt Geräusche?", so auch hier: sie passen perfekt zur jeweiligen Szene, sodass man sie gar nicht als gesonderte Effekte wahrnimmt und sie als Teil des Ganzen erfasst.
FAZIT
Man muss etwas Geduld mitbringen, sich auf die sich eher langsam entwickelnde Story einlassen und den geschickt verpackten Horror hinter den Worten genießen. Audionarchie liefert mit DER TRAUMTÄNZER insgesamt eine gelungene Jubiläumsfolge ab, die sowohl Fans des DARKSIDE PARK als auch neue Hörer in ihren Bann schlägt.
Wertung: 8,6 von 10 Tinkerbelle-Püppchen
SaschaSalamander 10.10.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL
Schwarz wie Schnee
Vor einiger Zeit stolperte ich über >HOLUNDERMOND< von >Jutta Wilke<. Das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen, und ich wurde neugierig auf weitere Titel der Autorin. Einige Zeit später erschien >WIE EIN FLÜGELSCHLAG<, ebenso wie das neueste Buch nun ein Jugendroman, allerdings weniger düster und mit mehr kriminalistischen Elementen. >FLORENTINE< ist ein reines Kinderbuch, das mich wieder einmal richtig begeistert hatte. Ich mag es, wie die Autorin ihre Plots erarbeitet und den Leser durch den Roman führt. Sie nimmt ihre Leser ernst und vermag es, ihren Stil dem jeweiligen Genre - ob nun Kinder, Jugend oder All-Ager - anzupassen, ohne sich dabei zu verbiegen. Leichtfüßig bewegt sie sich zwischen den einzelnen Ebenen, schreibt mal humorvoll, mal düster. Ich bin gespannt, welches Genre mich als nächstes erwarten wird.
INHALT
Kira erwacht nach einem Unfall im Krankenhaus. Sie kann sich an nichts erinnern, erkennt nicht ihre Mutter und auch nicht den Klassenkameraden. Niemand außer den beiden besucht sie, viele Freunde schien sie nicht gehabt zu haben. Bald darf sie zurück in ihr altes Leben, doch sie ist unsicher, findet sich nicht zurecht. Warum erinnert sie sich an die "falschen" Dinge, warum fühlt sich ihre Kleidung an wie die einer Fremden, warum kann sie auf einmal Kuchen backen? Immer mehr "Fehler" findet sie, und sie fragt sich, was vor ihrem Unfall tatsächlich passiert sein mag. Der Arzt sagt, es läge an den Medikamenten, die eine Paranoia hervorrufen können, doch Kira spürt, dass es etwas anderes sein muss ...
GENRE
SCHWARZ WIE SCHNEE ist ein Jugendthriller. Bis kurz vor Ende ist es ungewiss, ob er in die dystopische, fantastische oder reale Richtung gehen wird. Sehr viele Mystery-Elemente sind enthalten, die den Leser lange Zeit auf verschiedene Fährten zu locken vermögen. Für mich war vor allem dieser Punkt das, was den Großteil der Spannung ausmachte. Mir fielen viele Szenarien und ähnliche Romane ein, welche eine Erklärung für Kiras Erlebnisse bilden könnten. Ich war froh, dass Jutta Wilke ihren eigenen Weg gewählt hat und nicht den xten Aufguss zweier inzwischen ausgenudelter Themen geboten hatte. Ein Novum ist die Antwort zum Schluss dennoch nicht. Was aber neu ist, das ist die Umsetzung des Themas in düsteren Thrillermomenten, was mir sehr gefiel und eine wirklich gute Idee ist.
CHARAKTERE
Die Handlung wird aus der Sicht der Ich-Erzählerin und Protagonistin Kira geschildert. Es ist vom ersten Moment an möglich, sich in das Mädchen hineinzuversetzen, die Angst und das Gefühl der Bedrohung gehen quasi nahtlos auf den Leser über. Es ist auffällig, wiesehr Kiras Leben und ihre Handlungen, Empfindungen im Konflikt stehen. Sie möchte helle Kleidung tragen, findet jedoch nur düstere Oberteile im Schrank. Nennt ihre Mutter nicht wie zuvor üblich "Mum". Und vor allem: hat keinerlei Bezug zum Rauchen oder gar zu Drogen, obwohl alles in ihrem Leben darauf hindeutet. Der Roman befasst sich also vor allem mit der Frage "wer bin ich" und "wodurch definiert sich mein Leben". Kira ist quasi von heute auf morgen eine scheinbar andere Person, und das passt nicht mit ihrer aktuellen Situation zusammen. Wiesehr wurde sie von ihrer Umwelt geprägt, und was geht tatsächlich von ihr aus? Nature or Nurture, Angeboren oder Erworben, das ist eine der indirekten Kernfragen des Buches und spiegelt sich hervorragend in Kiras Situation.
Andere Figuren werden lediglich aus der beobachten Position der Protagonistin heraus beschrieben. Die zwei wichtigsten Figuren sind die Mutter und Kiras Klassenkamerad Julian. Da Kira sich bedroht fühlt und in vielen Dingen Heimtücke erwartet, traut sie ihnen nicht, und auch der Leser wird mehrfach aufs Glatteis geführt. Was tatsächlich in den beiden vorgeht, bleibt verborgen. Andere Figuren wie die Lehrer, zwei Nachbarsmädchen oder weitere Klassenkameraden werden angerissen, nehmen wichtige Rollen in Kiras Identitätsfindung ein aber werden nur am Rande behandelt. Über sie erfährt man sogut wie gar nichts.
SCHREIBSTIL
Ein Ich-Erzähler ist von Natur aus sehr persönlich und eindringlich. Doch hier wird nicht nur das Innere beschrieben sondern auch das Äußere sehr stark vermindert. Selten ist ein Jugendbuch so intensiv auf das Innenleben eines Charaktes bezogen. Die Handlung spielt zwar eine wichtige Rolle in SCHWARZ WIE SCHNEE, der Großteil des Buches wird aber dennoch von Kiras Erleben getragen. Was wirklich passiert, erfährt man nicht, sodass sehr viele Fragen offenbleiben und auch nach Abschluss nicht geklärt werden. Kira kann ihrem Erleben nicht trauen, Wahn und Wirklichkeit, Erinnerung und Gegenwart prallen unvereinbar aufeinander. Dadurch entsteht für den Leser das Gefühl einer nicht greifbaren Bedrohung, ungewiss ob tatsächlich real oder nur von Kira empfunden. Das Buch liest sich extrem schnell, ist hochspannend, und man kann es vom ersten bis zum letzten Satz kaum aus der Hand legen.
Kira wirkt nach dem Krankenhaus sehr benommen, und entsprechend sind die Sätze im Buch sehr knapp, fast nur Hauptsätze. Abgesehen von der Schlichtheit, die sehr gut Kiras Orientierungslosigkeit widergibt, hat dies vor allem den Effekt der Atemlosigkeit: nicht nur die inhaltliche Spannung, auch der Schreibstil verleitet zum raschen Weiterlesen, "nur noch ein Satz, geht ganz schnell" ...
Jutta Wilke vermag es zudem, in sehr bildhaften Metaphern zu schreiben, ihre Sprache ist wohlklingend und trotz (bzw gerade wegen) der Schlichtheit sehr eindringlich.
Ein kursiv gedruckter Text zwischen einzelnen Kapiteln lässt den Leser im Unklaren, ob hier über Kira gesprochen wird oder eine andere Person. Die stete Frage, was es mit den kurzen Passagen auf sich hat, trägt ebenfalls zur Spannung bei.
AUFBAU
Das Buch beginnt mitten in der Handlung, Kira öffnet die Augen und befindet sich im Krankenhaus, weiß nicht was geschehen ist. Von ihrem Erwachen nach dem Koma hin zum finalen Showdown mit seiner Auflösung erfährt der Leser nun schrittweise immer mehr. Anfängliche Unsicherheit hin zu den ersten Unstimmigkeiten bis hin zu panischer Angst und völliger Desorientierung, sich stetig steigernd und das Lesetempo immer mehr erhöhend, äußerst gelungen.
Was mir bei den Büchern der Autorin immer wieder gefällt, ist der gut ausgefeilte Plot: die Lösung liegt auf der Hand, Hinweise sind von Beginn an vorhanden, und am Ende sagt man "mensch, das war doch sooo klar". Doch die falschen Fährten locken immer wieder in eine andere Richtung, und der Leser darf sich keinen Moment in Sicherheit wiegen. Viele kleine Hinweise liegen in belanglosen Nebensätzen, bieten sich dem Leser ganz offensichtlich an. Jutta Wilke schreibt die Art Bücher, die sich lohnen zweimal zu lesen, einmal zur Spannung und ein zweites Mal, um die Hinweise herauszupicken und sich an der gut aufgebauten Geschichte zu erfreuen.
Inhaltlich lässt sich das Buch für mein Empfinden in drei bzw vier Teile gliedern: die Zeit im Krankenhaus, anschließend die Zeit erst zu Hause und dann in der Öffentlichkeit / Schule, zum Abschluss das Finale. Der zweite (und dritte) Teil nehmen 95 Prozent des Buches ein, für den Anfang und das Ende wurde kaum Raum belassen. Den Anfang hätte man ausbauen können, gerne hätte ich einige zusätzlichen Dinge gelesen, aber das war nicht notwendig. Das Ende allerdings ist sehr, sehr knapp gehalten, lässt extrem viele Fragen des bisherigen Geschehens und der weiteren Entwicklung offen, zack aus vorbei.
EIGENE MEINUNG
Ich fand das Buch sehr spannend zu lesen und habe es aus zeitlichen Gründen zwar nicht in einem Rutsch aber ebenso atemlos gelesen. Immer weiter, immer schneller, voll dabei und mitten im Geschehen. Ich bin froh, dass die Autorin nicht eine andere Lösung wählte und das Ende auf diese Weise umsetzte. Allerdings gibt es etwas, an denen ich mich im Nachhinein doch gestoßen habe. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Für die Zukunft ist mir das egal, denn ich mag offene Enden, die den Leser zum Nachdenken anregen. Doch das Geschehen des Buches mag ich lieber in sich geschlossen und gut erklärt. Gerne hätte ich erfahren, was manche Szenen nicht aus Kiras Sicht darstellten, sondern wie sie sich tatsächlich abgespielt hatten. Wüsste gerne, was es mit einigen Dingen auf sich hatte, hätte gerne mehr über das Lebensfeld und die Sichtweise anderer Charaktere erfahren. Eine weitere Frage, die mich seitdem nicht mehr loslässt, kann ich hier aus Spoilergründen nicht umschreiben, doch die Unschlüssigkeit dieses Punktes schmeckt mir nicht, da fehlt für mich einfach etwas.
Um das Buch objektiv zu bewerten, muss ich aber fair sein: das Buch hat als Ziel, vor allem Kiras Zwiegespaltenheit und ihre Angst, und die Frage nach ihrer Identität, ihrer Entwicklung ist Dreh- und Angelpunkt des Romanes. Alles andere ist nicht relevant und muss daher auch nicht geschildert werden, es wäre ein Bruch mit der Intention und dem Genre. Bereits die intensive Schilderung des Innenlebens zeigt, wie wenig von Belang das ist, was mit den Personen um sie herum geschieht. Auf die Frage, wie man es anders und gar besser hätte machen können, kann ich keine Antwort geben, denn in sich ist der Roman absolut stimmig und hätte nicht anders sein dürfen. Es geht halt nicht immer nach meiner Nase ;-)
FAZIT
SCHWARZ WIE SCHNEE ist ein sprachlich und inhaltlich packender Jugendroman, der bewusst von den gängigen Klischees abweicht und von dem man keinen klassischen Aufbau erwarten darf. Klare Empfehlung für alle, die spannende Unterhaltung lieben.
Wertung: 4,6 von 5 Stoffhasen
SaschaSalamander 09.10.2012, 08.37 | (0/0) Kommentare | PL
Dark Mysteries 03 - Hotel der verlorenen Zeit
Ein junges Pärchen wartet weitab von zu Hause auf eine Verabredung, doch ihr Freund erscheint nicht. Also suchen sie das nächstgelegene Hotel und wollen dort übernachten. Das Hotel ist seltsam, gehalten im amerikanischen Stil der Nachkriegszeit um 1950. Sie halten es für ein Spiel, eine Abenteuer-Location, es wird sehr viel Wert auf Authenzität gelegt, und auf Fragen bezüglich W-Lan und anderen Dingen reagiert der Portier sehr irritiert. Plötzlich werden die beiden Zeugen eines Mordes, er wird verhaftet. Als der Geist der Leiche der Ermordeten nun neben ihr steht und um Hilfe bittet, ahnt die junge Frau, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht ...
REIHE "DARK MYSTERIES"
Die erste Folge >FUCHSJAGD< war leider nicht das erhoffte Highlight aber immerhin ganz unterhaltsam zu hören. Die zweite Folge DAS LOCH habe ich nicht näher rezensiert, da sie in Machart und Stil der ersten recht ähnlich war. Ehrlich gesagt habe ich inzwischen sogar fast wieder vergessen, worum es in der zweiten Folge überhaupt ging, sie hatte wenig Wiedererkennungswert, war im Hörspielbereich quasi eine von vielen. Trotzdem war ich neugierig auf weitere Veröffentlichungen, und so habe ich nun auch den dritten Teil HOTEL DER VERLORENEN ZEIT gehört. Und ich muss sagen, klasse gemacht, ich bin begeistert!
GENRE
Was mir nicht ganz klar ist, ist allerdings das Konzept der Reihe. Dachte ich in den ersten beiden Folgen, es ginge um junge Erwachsene abgeschottet von der Umwelt, dazu jede Menge Splatter, trifft dies auf den dritten Teil nicht zu. Gut, die beiden Protagonisten sind abgeschottet von der realen Welt, doch sie treffen auf weitere Charaktere, die erst später im Laufe der Handlung dazukommen. Auch der Splatter- und Ekelfaktor wurde dieses Mal deutlich heruntergeschraubt, sodass ich als Genre eher Mindfuck und Mystery-Thriller nennen würde als Splatter. Aber gut, ich bin aufgeschlossen und freue mich, wenn die einzelnen Titel sich deutlich voneinander unterscheiden.
SPRECHER
Was mir hier wieder sehr gut gefällt ist die Sprecherwahl. Marie Bierstedt, Kirstin Hesse, Leon Boden, Peter Flechtner, Jens Wendland, Frank Röth. Professionelle Sprecher, die eine sehr gute Leistung abliefern, deren Präsenz in Hörspielen aber noch nicht durch zu häufige Auftritte verbraucht ist.
AUFBAU
Ich finde es spannend, dass auf dem Klappentext der Reihe keine Inhaltsangabe zu finden ist sondern ein kurzer Textausschnitt. Dadurch ist der Inhalt eine Überraschung, man muss sich ganz auf die Handlung einlassen und weiß nicht, was nun als nächstes geschehen wird. Deswegen möchte ich auch nicht vorwegnehmen, was das Pärchen in dem Hotel erleben wird. Dieser Teil hat tatsächlich eine Handlung, die im Grunde zwar recht simpel aufgebaut, durch die verschiedenen Ebenen (welcher Art möchte ich nicht verraten) aber recht clever verstrickt ist. Man muss stellenweise schon recht genau hinhören und sich konzentrieren, um der Handlung zu folgen. Das hat mich gereizt und ist eine deutliche Steigerung zu den anderen beiden Titeln, die dem Hörer eigentlich keinerlei Mitarbeit abverlangten.
Die Handlung ist abgeschlossen und erfordert keine Fortsetzung oder weitere Erklärung. Das Ende war es für mich allerdings nicht ganz zufriedenstellend, ein paar wichtige Fragen bezüglich des Hotels an sich hätte ich schon noch gehabt. Trotzdem, es ist in sich stimmig und hat mir insgesamt sehr gut gefallen.
MUSIK
Ein großer Kritikpunkt der ersten beiden Teile war die überfrachtete Musik, die unangenehm im Ohr dröhnte. Hier dagegen hat man passend zum Stil des Hotels einen gemütlichen Swing der Golden Fifites eingespielt, der den Hintergrund perfekt untermalt, für eine dichte Atmosphäre sorgt und der gut ins Ohr geht. Die an manchen Stellen dennoch brutale und actionreiche Handlung wird durch den harmlos klingenden Soundtrack umso mehr verstärkt, der Widerspruch bildet einen interessanten Kontrast. Effekte und Geräuschkulisse waren wieder sehr gelungen, und auch hier hat man sich etwas zurückgenommen, sodass die einzelnen Momente umso besser wirken. Insgesamt ist die Menge der verwendeten Mittel in allen Bereichen dieses Mal sehr gut dosiert.
FAZIT
DAS HOTEL DER VERLORENEN ZEIT bietet dem Hörer die optimale Mischung aus Mystery, Horror und komplexer Handlung. Effekte, Musik und Sprecher bilden eine gelungene Einheit. Der dritte Teil hat mir außerordentlich gut gefallen und ist ein echter Tip für Hörspielfreunde. Hier und da noch etwas feilen, dann ist die volle Punktzahl nicht mehr weit ;-)
Wertung: 8,3 von 10 Einzelzimmer
SaschaSalamander 04.10.2012, 08.20 | (0/0) Kommentare | PL
Amadeus 01 - Wolferl
Bereits letztes Jahr hat der Hörplanet sein neues Projekt angekündigt, lange wurden die Hörer auf die Folter gespannt, lange stellte sich die Frage, was nun bald kommen würde. Dann wurde es enthüllt: AMADEUS. Ein Hörspiel um den berühmten Wolfang Amadeus Mozart. Was natürlich zu Ratlosigkeit aber auch Neugier führte, denn das klang doch sehr gewagt und ungewöhnlich, die ersten Teaser dienten weniger einer Antwort auf die Frage nach dem Inhalt der neuen Serie als darauf, die Hörer neugierig zu machen. Auch das Genre war unklar. Was mich persönlich betrifft muss ich offen sagen, dass ich sehr, sehr skeptisch war. Sosehr ich klassische Musik liebe, und so gerne ich Hörspiele mit historischem Hintergrund mag - ein Mozartfan war ich noch nie, und auch Ort und Zeit in Wien sind nicht gerade das, was ich mir als spannende Kulisse ausgemalt hätte. Um die Hörproben bin ich lange herumgeschlichen, habe es nicht so recht gewagt. Nun aber lagen die ersten drei Folgen vor mir, und ich habe mich auf das Abenteuer AMADEUS eingelassen. Und jetzt ... tja, jetzt bin ich angefixt und werde versuchen, Euch ebenfalls neugierig zu machen ;-)
KLAPPTENTEXT
Es war im Frühjahr 1781. Wir hatten unsere Reise nach Wien unterbrochen und in einer kleinen Poststation Halt gemacht. Dort gingen furchterregende Dinge vor sich. Was mochte dem armen Mädchen widerfahren sein, das am ganzen Leib zitterte und unentwegt ins Feuer starrte? Und welch blutiges Schicksal war dem Gangleder beschieden, den wir tot auf dem Häußgen fanden - grausam zugerichtet und mit geraubtem Herzen. Mit dem Mute der Verzweiflung folgten Amadeus und ich der Blutspur des Mörders…
GRUNDIDEE, RAHMEN, GENRE
Jürgen Kluckert (Tim Denham, Benjamin Blümchen, Mr Crabs) bildet den äußeren Rahmen der Geschichte. Der gealterte Arzt Dr. Justus Resch erzählt von damals, als er Mozart begegnete und was er mit ihm erlebte. Kluckerts Texte sind teils philosophisch angehauchte Monologe, teils handlungsbegleitende Beschreibungen. Jedoch wird hier nicht der Schwerpunkt auf den Erzähler gelegt, der die Geschichte vorantreibt, die Geschichte wäre auch ohne diesen Part sehr gut zu verstehen und könnte gut auf eigenen Beinen stehen. Von daher bin ich sehr gespannt, ob dies noch eine tiefere Bewandnis haben wird. Natürlich, Resch und Mozart werden gemeinsam vieles erleben, sodass er sich als Beobachter eignet. Doch noch ist offen, ob dem Arzt später eine engere, vertrautere Rolle zukommen wird, oder ob er weiterhin der zufällige Begleiter an der Seite des jungen Komponisten bleibt.
Die Handlung selbst wird als Hörspiel erzählt, beinhaltet mystische und kriminalistische Elemente. In der ersten Folge ist anfangs unklar, ob Mozart und Resch es mit einem Werwolf zu tun haben, oder ob menschliche Machenschaften hinter dem grausen Mord stecken. Durch die düstere Untermalung wirkt es gruslig, jagt beim Hören einen leichten Schauder über den Rücken, ist stellenweise regelrecht eklig. Der Hörplanet hat die Einteilung in ein einziges Genre hier klar vermieden, setzt sich über die Schubladen hinweg und vermischt Historie, Krimi, Thriller und Mystery auf ungewöhnliche Weise. Zugegeben, ich hatte diese Konstellation anfangs für nicht möglich gehalten, und das Cover mit einerseits dem traditionell mystischen Wolf und andererseits dem allseits bekannten Mozart-Bild lässt den Hörer irritiert zurück. Doch nach dem Hören ist klar: dieser Mix ist gelungen!
Die Verbindung aus Fiktion und Realität ist etwas, das ebenfalls zum Konzept dieser neuen Serie gehört. So finden sich immer wieder Anspielungen auf reale Geschehnisse sowie auch das Leben des großen Komponisten. Auf der anderen Seite ist da natürlich die künstlerische Freiheit, Mozart auf eine Reise zu schicken, wo er immer wieder in tödliche Abenteuer verstrickt wird. Es gibt reale Charaktere (so trifft der Hörer ab der zweiten Folge etwa auf Constanze Weber), doch die meisten Figuren, allen voran Mozarts Begleiter Dr. Justus Resch, sind fiktiv.
Mozart und Resch stellen übrigens kein klassisches Ermittlerduo dar. Während Dr. Resch sich seine eigenen Gedanken dazu macht, ist Mozart vielmehr mit sich selbst beschäftigt. Dies gefällt mir, weicht in seiner Struktur klar von den klassischen Mustern aus Ermittler und Helfer ab und bietet dadurch abwechslungsreiche Spannung, die einmal nicht nach dem üblichen Muster verläuft.
CHARAKTERE, SPRECHER
Mozart ist ein Charakter, der für ein Hörspiel ungewöhnlich ist, in den üblichen Medien aber bereits eine inzwischen schon übermäßige Präsenz zeigt. Zeichentrickfilm, Realverfilmung, Bücher, er ist einfach eine schillernde Persönlichkeit, eine ideale Mischung aus Genie und Wahnsinn, dazu eine ordentliche Ladung Arroganz, Egoismus und kindlichem Gemüt. Es ist schwer, ihn wirklich zu mögen, er war ein unangenehmer Zeitgenosse, und dennoch faszinierend und auf seine Weise trotz allem auch irgendwie sympathisch. Diese Widersprüche werden hier sehr gut eingefangen. Tim Knauer ist die ideale Besetzung für den quirligen Lebemann, verkörpert die kindlich verspielte Leichtigkeit ebenso realistisch wie den derben Humor und die selbstbezogenen Momente. Tim Knauer hat als Sprecher sowohl in Hörspielen wie auch TV-Serien bereits Erfahrung gesammelt, war mir bisher als Stimme jedoch nicht präsent. Es gefällt mir, eine neue Serie auch mit neuen Sprechern zu besetzen. Dadurch wird mir als Hörer der Zugang erleichtert, ich muss keine alten Rollen und Bilder aus meinem Kopf löschen, um mich neu darauf einzulassen, sondern kann völlig aufgeschlossen den neuen Stimmen lauschen.
Dr. Resch wird gesprochen von Kim Hasper. Ihn kannte ich bereits als Tom Cole aus POINT WHITMARK, außerdem spricht er in weiteren Hörspielreihen wie auch als Synchronsprecher für Filme, TV-Serien und Anime. Auch er also ein professioneller Sprecher, der dennoch angenehm frisch klingt und wunderbar zu dieser ruhigen Rolle passt. Der analytische und gebildete Dr. Resch ist das Gegenstück zum hyperaktiven Mozart, ist ruhig und besonnen, macht sich umfassende Gedanken und ist ein scharfer Beobachter. Als Arzt hat er schon viel gesehen, ist nicht leicht zu beeindrucken. Während die anderen Mozarts grenzverletzendes Verhalten als störend empfinden, kommt er gut mit ihm klar, vermag seine Aufdringlichkeit zu ignorieren und sich stattdessen auf seine Lebendigkeit und Lebensfreude einzulassen
Die Nebencharaktere sind sehr schön dargestellt, die Sprecher verleihen ihnen glaubhaft Leben, und auch die Dialoge werden ihnen geschickt in den Mund gelegt, schnell hat man einen Zugang gefunden zu den Mitreisenden und den Wirtsleuten. Mit Tomas Petruo, Victoria Sturm, Sabine Jäger, Rainer Fritzsche, Stefan Fredrich, Bert Franzke, Harald Effenberg, Frank-Otto Schenk und Dennis Rohling finden sich hier Sprecher, die man als LADY BEDFORT-Fan alle bereits gehört hat, gelegentlich auch aus anderen Produktionen kennt und die mit ihrem Auftreten überzeugen.
DIALOGE
Die Dialoge sind das, was für mich den größten Reiz an dieser Folge ausmacht. Sie stellen die Verbindung zwischen den düsteren Geschehnissen und der locker-verspielten Art des "Wunderkindes" Mozart dar. Mir gefällt der Witz, den der Autor Sebastian Weber (ORDENSSCHWESTER AMELIE, LADY BEDFORT) hier geschickt eingebaut hat. Mozart steht immer im Mittelpunkt, selbst wenn er nur im Hintergrund agiert, ständig muss er dazwischenreden, Selbstgespräche führen, sich unpassenderweise einbringen. Er fällt den Leuten ins Wort, beendet ungefragt deren Sätze, immer muss sich alles nur um ihn drehen. Und er ist bekannt für seine derben Ausdrücke, die auch hier nicht geschönt werden. Hier spricht er auch schon mal von Ärschen oder davon dass er furzen muss. Dabei wirkt die Sprache nicht vulgär, sondern eher humorvoll, und sie passt auch in die damalige Zeit, wo es nicht unüblich war, sich auf diese Weise auszudrücken. Es freut mich, dass man hier kein Blatt vor den Mund genommen hat. So unverblümt Mozarts Äußerungen sind, so filigran, gewandt und voller Wortwitz sind die Aussagen von Dr. Resch und den anderen Charakteren. Ich liebe die Wortgefechte, mal simpel und direkt, mal wortreich und verstrickt. So etwa "Ich habe die Ehre, das Missvergnügen zu haben", "wenn ich mich damit zufrieden geben würde, was ich habe, wenn ich mich je zufrieden gegeben hätte, was wäre ich dann" oder "der Mann HAT keine Wunde, der IST eine Wunde".
Die Handlung selbst ist recht düster, es gibt einige Gänsehautmomente, actionreiche Spannung und einen Showdown mit einer Verfolgungsjagd. Und besonders in den tragischen Momenten kann Mozart es nicht lassen, ein unpassendes Kommentar abzuliefern. Es klingt wie eine unvereinbare Mischung, doch dem Label ist es gelungen, diesen schmalen Grat nicht zu überschreiten, niemals ins Alberne abzudriften oder die Atmosphäre zu zerstören.
UMSETZUNG
Die Atmosphäre ist trotz des Humors und der Leichtigkeit der Charaktere eher düster, man meint beim Hören regelrecht den Nebel zwischen den Bäumen aufsteigen zu sehen, wenn die Kutsche ihre Rast im Wald macht. Die Geräusche und Effekte sind genau so, wie ich sie mag: man muss sehr bewusst darauf achten, sonst gehen sie wie selbstverständlich in der Handlung unter, ergänzen die Sprecher und dienen vor allem einem dichten Hörgenuss ohne "Lücken". In besonderen Momenten allerdings treten sie hervor, man hört beispielsweise die Knochen knacken, das Blut spritzen, eine ordentliche Portion Ekel, die sogar den erfahrenen Wundarzt Dr. Resch überrascht.
AMADEUS ist ein Hörspiel auf historischer Basis, und die damalige Zeit wird hier vor dem inneren Auge des Hörers lebendig. Altmodische Formulierungen, damals übliche Redensarten, die Gepflogenheiten, auch Anspielungen auf die Forschung, Politik und Gesellschaft finden sich zuhauf und sorgen für eine realistische Umsetzung des Themas. Der Autor hat sich intensiv mit dieser Zeit auseinandergesetzt und versteht es, die Hörer in seinen Bann zu ziehen, auf eine spannende Zeitreise zu schicken.
Dem Hörspiel gelingt es außerdem, beide Hörerschaften zufriedenzustellen: die "Nebenbei-Hörer", die gerne während des Abspielens Hausarbeit erledigen, Auto fahren etc. Aber auch die "Puristen", die sich bewusst hinsetzen und nur dem Inhalt lauschen. Der Handlung ist einfach zu folgen, die Atmosphäre wird gut transportiert, der Humor ist auch nebenbei ersichtlich. Wer sich allerdings intensiver auf das Werk einlässt, bekommt viele Feinheiten und unterschwellige Anspielungen und Scherze geboten, die bei oberflächlichem Hören wohl verlorengehen (aber nicht handlungsrelevant sind). Somit also perfekt, die CD auch mehrfach zu hören, ob nun nebenbei oder pur.
MUSIK
Die Musik sind Variationen zu - na, zu was sonst, zu Mozarts Werken. Sowohl inhaltlich (etwa die Anspielung auf sein Werk IDOMENEO) als auch musikalisch dreht sich neben dem Mord natürlich alles um Mozart. Titelsong der Serie ist die bekannte Melodie aus der Symphonie No 40 in einer sehr schönen, Hörplanet-typischen Variation. Diese taucht abgesehen vom Intro auch gelegentlich als Teil des Soundtracks auf. Auch andere bekannte Themen des Komponisten werden aufgegriffen, bekommen ein neues Gewand und werden teilweise recht original übernommen und andernorts geschickt überarbeitet und zu beinahe neuen Melodien verarbeitet. Auch hier ist der Spagat gelungen: es ist erstaunlich, dass diese verspielten, leichten Melodien als Untermalung für ein solch düsteres Hörspiel dienen können, doch es funktioniert.
Bekannte und weniger bekannte Melodien des großen Musikers werden in das Hörspiel eingebunden. Auch eigene Kompositionen des Hörplaneten fließen in den Soundtrack ein und bilden eine kongeniale Untermalung der jeweiligen Handlung. Auch, wenn man als Hörer wohl nicht jede von Mozarts 626 Melodien kennt und daher nicht immer klar differenzieren kann - es gefällt und passt wunderbar zusammen. Mir hat die Musik in dieser ersten Folge ausgesprochen gut gefallen und sorgt dafür, dass ich mir die CD gerne mehrfach anhören werde.
FAZIT
AMADEUS 01 WOLFERL ist ein gelungener Auftakt in die lange erwartete neue Serie. Dramatik, Mystery, Spannung, ein historisches Setting und jede Menge Unterhaltung - der Hörplanet hat es geschafft, ein Hörspiel auf den Markt zu bringen, wie es in dieser Form noch nicht zu hören war. Ich wünsche der Serie großen Erfolg und hoffe auf viele weitere Folgen voller Tiefgang und Esprit.
Wertung: 14,5 von 15 schändlichst vernachlässigte Spinette
SaschaSalamander 18.09.2012, 08.29 | (0/0) Kommentare | PL
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