SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Der Dämon und Fräulein Prym

CoverIn einem kleinen, idyllischen Dorf erscheint eines Tages ein Fremder. Fräulein Prym, die schönste und jüngste Frau dort, ist es gewohnt, dass die Männer sie verführen wollen, und bald wechselt sie die ersten Worte mit dem Fremden. Aber er scheint sich für etwas anderes zu interessieren, und er führt sie in den Wald zu einem Versteck: dort hat er mehrere Goldbarren vergraben. Wenn sich die Dorfbewohner bereit erklären, einen Menschen aus ihrer Mitte - und sei er noch so alt und gebrechlich - zu töten, gehört all dieses Gold ihnen, das Dorf könnte erneuert werden und in altem Glanz erblühen. Fräulen Prym soll die Überbringerin dieser Nachricht sein. Eine Woche haben die Dorfbewohner Zeit.

Coelhos Buch "Der Dämon und Fräulein Prym" ist eine Variation von Dürrenmatts "Besuch der alten Dame" (Ich war anfangs erstaunt, dass Coelho so billig abkupfert, aber er führt dieses Werk dann im Laufe des Textes selbst als Inspiration an). Der ewige Kampf der beiden Mächte. Die Grundsatzfrage, ob der Mensch von Natur aus Gut oder Böse ist. Und dazu Coelhos spirituellen, tiefsinnigen Gedanken. Fräulein Prym hat einen Engel zu ihrer Seite, und auch ein Dämon versucht sich ihrer zu bemächtigen. Der Fremde hat bewusst dieses friedliche, abgeschiedene Dörflein aufgesucht, um dort Antworten zu finden. Hat die Menschheit die Wahl? Ist das Schicksal gerecht oder grausam? Kann seine Seele endlich den langersehnten Frieden finden?

Ich fand dieses Buch anfangs etwas verwirrend, da es recht einfach und "zu ausgeleiert" für Coelho wirkte. Doch im Laufe der Geschichte erfährt der Leser immer mehr über die Hintergründe des Dorfes, der Hauptcharaktere und einzelnen Bewohner, sodass die Handlung immer tiefer greift und sich von den alltäglichen Fragen über Gut und Böse, Gott und Schicksal abhebt. Wie auch seine anderen Werke sollte man dieses Buch nicht in einem Zug verschlingen, sondern in kleinen Portionen verdauen. Die zugrundeliegenden Weisheiten sind so einfach, so verständlich. Und gerade das macht es aus, dass man es nicht überfliegen, sondern sich bewusst auf die Inhalte konzentrieren sollte. Zu schnell ist das Gelesene wieder Vergangenheit, zu schnell kehrt nach dem Lesen eines Buches wieder der Alltag ein. Coelho lädt den Leser ein, für einen Moment zu verweilen, sich selbst zu hinterfragen und zu erkennen.

Bisher kam mir noch kein Buch dieses Autors in die Finger, das ich nicht hätte empfehlen können. Auch dieses hat mich sehr bewegt und hing mir noch einige Tage nach. Und ich denke, auch andere Leser können seine Bücher nicht so schnell vergessen ...

SaschaSalamander 21.11.2005, 10.47

Kommentare hinzufügen

Die Kommentare werden redaktionell verwaltet und erscheinen erst nach Freischalten durch den Bloginhaber.



Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Helmut

Bei mir stehen fast alle Bücher von Coelho im Bücherregal. Seit dem Jakobsweg, den ich als erstes Buch gelesen habe, bin ich von diesem Autor fasziniert. Und seit ich das Buch über den Jakobsweg gelesen habe, bin ich vom Gedanken beseelt den Jakobsweg selbst zu gehen.

vom 30.11.2005, 19.55
Antwort von SaschaSalamander:

Der Jakobsweg fehlt mir noch, sollte mich endlich mal an die Arbeit machen, als Hörbuch habe ich ihn ja hier, aber Coelho lese ich lieber, da wirkt er besser ...

Den Jakobsweg selbst gehen? Das ist eine Aufgabe! Wer weiß, vielleicht kannst Du diesen Traum eines Tages verwirklichen?

1. von Renate

Seit einiger Zeit bin ich auch vom "Coelho-Fieber" infiziert. Zuerst hat mich "Der Alchimist" fasziniert, danach konnte ich "Am Ufer des San Piedra saß ich und weinte" nicht mehr aus der Hand legen. Deine Beschreibung von "Fräulein Prym" macht richtig neugierig, zur Zeit bin ich aber noch mit Coelhos Erlebnissen auf dem Jakobsweg beschäftigt, ich hab aber gelesen, dass viele Erfahrungen von dieser Pilgerreise in seine Romane eingeflossen sind.
Wenn's nur schon Abend wär! Dann könnte ich mich wieder unter der Bettdecke verkriechen und weiterlesen ...
Liebe Grüße vom
"Murmeltier" Renate


vom 21.11.2005, 13.53
Antwort von SaschaSalamander:

Ja, der Mann lässt einen nicht mehr los, stimmts? Geht mir ganz genauso *g* ... das "Am Ufer ..." hab ich noch nicht gelesen, steht aber als eines der nächsten Bücher im Regal ... den Jakobsweg muss ich mir erst noch holen ...

Einträge ges.: 3848
ø pro Tag: 0,5
Kommentare: 2809
ø pro Eintrag: 0,7
Online seit dem: 21.04.2005
in Tagen: 7131
RSS 2.0 RDF 1.0 Atom 0.3