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Ausgewählter Beitrag
Frauenknast
FRAUENKNAST von Karlheinz Keppler ist (mal wieder) ein Buch, in welchem ein Fachmann auspackt und aus dem Nähkästchen plaudert. Nachdem Joe Bausch mit seinem Titel >KNAST< recht erfolgreich war, bot es sich an: Frauenknast ist einfach was Anderes als bei den Kerlen, also braucht es auch hier ein Buch. Billige Kopie oder eigenständiges Werk? Ich war neugierig, und hier meine Gedanken zu dem Buch:
Keppler gliedert sein Buch in die Kapitel "in Haft" (allgemeine Themen rund um die Inhaftierung von Frauen), "Haft - nicht mit mir" (Flucht, Betrügerinnen, Haftunfähigkeit), "Medizin" (Bodypacks, Humor auf der Krankenabteilung, wahre und simulierte Krankheiten, Gynäkologie, Sexualität), Drogen (Schmuggel, Konsum, Gesetz) und "die andere Seite" (Mitarbeiter, Ehrenamtliche, Öffentlichkeitsarbeit). Im Epilog ein paar Graffitis mit nachdenklichen / witzigen / frivolen Texten, ein paar Nachworte, Dankesreden. Eine Literaturliste fehlt, Keppler beruft sich einzig auf seine Erfahrung, Fremdliteratur wurde nicht eingebunden.
Sein Schreibstil ist angenehm und flüssig. Er mag Mediziner sein, verzichtet aber auf unnötigen Fachjargon oder langweilige Vorträge. Die Gliederung einiger Kapitel erschließt sich mir nicht so ganz, so wirkt das erste Kapitel zum Beispiel eher wie eine Art Einleitung, die aber besser in den restlichen Themen hätte eingebunden werden können. Der Anfang des Buches war dadurch etwas unruhig, ließ bei mir die Frage aufkommen "hat er überhaupt ein Ziel und einen Plan?"
Im Laufe des Buches allerdings zeigt sich, dass er weniger Wert darauf legt, ein didaktisches Lehrbuch abzuliefern, sondern vielmehr den Leser vor allem mit Anekdoten und eingestreuten Informationen zu unterhalten. Der "Lerneffekt" (also das Wissen über die Einrichtung "Frauenvollzug") ergibt sich wie nebenbei.
Er zeigt deutlich auf, welche Unterschiede es in den einzelnen Bundesländern gibt, zum Beispiel im Hinblick auf Lockerungen oder der Umgang mit Drogen in der Anstalt.
Angenehm und sehr gelungen finde ich, dass das Buch sich wirklich ausschließlich um die Besonderheiten des Frauenvollzugs dreht. Die Grundlage mag die gleiche sein wie bei den Männern (Straftat - Verurteilung - Gefängnis - Haftalltag). Doch es gibt viele Unterschiede: Die Frauen kommen oft aus einem anderen sozialen Umfeld als die Männer, ihre Delikte sind anders, der Umgang miteinander ist anders, der Tonfall ein anderer. Es wird mehr geweint, mehr gezickt, mehr intrigiert, aber auch mehr geholfen und mehr gelacht. Deswegen gilt es in vielen Bereichen auch die Besonderheiten zu berücksichtigen, etwa die hohe psychische Auffälligkeit, die Einrichtung von Mutter-Kind-Abteilungen, eine besser ausgebaute Drogenhilfe und eine Reform der Ersatzfreiheitsstrafen (auf deren (Un)Sinnhaftigkeit er ausführlich eingeht.
Einzig misslungen fand ich ein Kapitel, in dem er über Themen rund um LGBTI schreibt. Mag sein, dass er Mediziner ist, aber dem Buch merkt man deutlich an, dass sein Steckenpferd eher das Thema Drogen ist, dieses zieht sich (zu Recht im Frauenvollzug) durch das gesamte Buch. LGBTI ist ihm scheinbar weniger geläufig, sodass er da etwas schrieb, das mir die Haare zu Berge stehen ließ. Es ehrt ihn, dass er extra einen Fachmann dafür befragte, aber dass auch dieser so unwissend war, schockierte mich regelrecht!
Ansonsten vermitteln seine Schilderungen ein lebendiges Bild, wie es im Alltag eines Frauengefängnisses zugehen könnte. Und, weil die meisten Leser von Keppler vermutlich zuvor den Bausch gelesen habe, möchte ich ein paar direkte Vergleiche anstellen:
Bausch ist im Tonfall härter, direkter, sein Buch liest sich ebenso angenehm, freundlich. Aber würde ich eine Absage bekommen, ich glaube, ich hätte sie lieber von Keppler, der oft den versöhnlicheren Tonfall anschlägt, selbst wenn er kritisiert und Klartext spricht. Bausch wirkt manchmal etwas rüde in seinen Forderungen, wohingegen Keppler sanft und zwingend logisch argumentiert.
Bausch stellt die Mediziner in den Mittelpunkt: sie sind es, die ALLES von den Gefangenen wissen, einzig wirkliche Ansprechpartner für alle Belange sind und den vollen Überblick haben. Mancher Kollege aus anderen Bereichen mag sich da auf den Schlieps getreten fühlen. Keppler dagegen schreibt so, dass deutlich wird: alle sitzen im gleichen Boot.
Keppler schreibt rein über den Frauenvollzug. Er nimmt sich als Person weitestgehend heraus und ist der Beobachter, welcher dokumentiert. Bausch dagegen als Person ist stetig präsent, schreibt über seine Tätigkeit als Schauspieler, die Verbindung zwischen Schauspielerei und Knastjob, seine Meinung, seine Einstellung, sein Privatleben. Auf den vielen Seiten "Knast" gab es mindestens soviel "Bausch" wie "Knast". Bei Keppler gibt es ausschließlich das Thema. Das fand ich sehr angenehm, denn, so unhöflich das klingt, aber ich habe mir die beiden Bücher nicht der Autoren wegen gekauft (ich habe in meinem Leben nur einen halben Tatort gesehen, und der war ohne Bausch), sondern weil ich etwas über den Alltag im Gefängnis erfahren wollte.
Bausch erzählt vom Vollzug an sich, den allgemeinen Bedinungen und Regeln. Was er schreibt, gilt auch für Frauen, es gilt eben für Justizvollzug generell. Was Keppler schreibt, sind die Besonderheiten der Frauen, Dinge wie Haftalltag und Co beschreibt er nicht. Man kann Keppler sehr gut als eigenständiges Buch lesen. Aber für einen umfassenden Einblick empfehle ich zum Einstieg Bausch und dann für die Feinheiten und Anekdoten Keppler.
Also, mein Fazit zu FRAUENKNAST: ernstes Thema, dennoch angenehm leichte Unterhaltung. Der Autor schreibt eindrücklich und emotional, nimmt sich selbst zurück und überlässt das Feld den Frauen, von denen er erzählt. Es gibt keine Literaturliste, er hatte nicht das Ziel eines Fachbuches, kleinere Unstimmigkeiten seien also verziehen, drücken sie eher seine Meinung als konkrete Fakten aus. Ich bin sicher, dass andere Leser den kurzen Ausflug in diese Welt hinter Gittern ebenso faszinierend finden werden ...
eine sehr schöne, fachliche Rezension findet sich von Johannes Feest im >Strafvollzugsarchiv<
SaschaSalamander 01.12.2014, 08.51
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Heute kam in SWR "Leute" dieser Autor 2 Stunden lang zu Wort weitgehend zum selben Thema, habe die Sendung gehört und wollte Dich auf den Podcast hinweisen, der von heute an noch 7 Tage online ist. Also falls Du Interesse hast, wie er sich anhört und gibt, was er sonst so macht, "swr leute keppler" googeln.
vom 21.12.2014, 07.56
der Podcast ist allerdings nur 29 min lang? Vielleicht, weil sie Musik ua aus dem Radio weggeschnitten und nur das Interview gelassen haben?