SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Jordsand

Inhalt: Die Mittdreißigerin Ilsa zieht mit ihrem Mann Lennard und dem verhaltensauffälligen Sohn Jan auf eine Hallig. Während Lennard das verfallene Haus seiner Eltern renoviert, will sich die erfolgreiche Geschäftsfrau zukünftig voll und ganz ihrer Familie widmen - und dem Schreiben von Romanen. Doch das Ankommen gestaltet sich schwierig: Die Halligbewohner sind misstrauisch, die Nachbarin übergriffig und Ilsa selbst wird zunehmend von Albträumen geplagt. Nachdem ihr die siebenjährige Estrid begegnet, die ein Jahr zuvor ertrunken sein soll, glaubt sie zunächst den Verstand zu verlieren. Doch Ilsa ist überzeugt: Das Mädchen war real - und ihr Tod kein Unfall. Als sie ihren Sohn Jan dabei beobachtet, wie er ein Tier grausam zu Tode quält, keimt in ihr ein schrecklicher Verdacht ...


Ein Audible-Hörspiel, sehr schön umgesetzt und mit acht Stunden eine ideale Länge: lang genug, um die Charaktere auszubauen und sich langsam zu steigern. Aber nicht zu lang, dass es sich unnötig zieht. Die Zeit beim Hören verging sehr schnell.

Ich liebe Krimis und Thriller und bin in diesem Genre aber sehr kritisch, sobald es zu unrealistisch wird oder wenn es zu viel Familiendrama beinhaltet. JORDSAND ist an einigen Stellen unrealistisch, und Familiendrama hat man von vorne bis hinten. Trotzdem hat mir dieses Hörspiel außerordentlich gut gefallen.

Die Handlung ist mit obiger Inhaltsbeschreibung nicht annähernd erfasst. Denn JORDSAND spielt sich auf mehreren Handlungsebenen ab: da ist Ilsa mit ihrem Mann Lennard und ihrem Sohn Jan. Jans hat ein dunkles Geheimnis. Zwischen Ilsa und ihrem Vater gibt es unausgesprochene Dinge aus der Vergangenheit. Ilsa selbst wird von Halluzinationen / Erscheinungen geplagt. Dann wären da noch der Nachbar, der in betrunkenem Zustand seine Frau schlägt. Das Wiedersehen zwischen Lennard und seiner alten Jugendliebe auf den Halligen. Jans neue und äußert ungewöhnliche Beziehung zu Annika. Die alten Zwillinge, von denen einer der beiden schreckliche Visionen hat. Jordsands grausige Legenden. Eine Wiedergabe des Inhaltes wäre sehr weitschweifig, da die Zusammenhänge perfekt miteinander verwoben sind.

All dies ist eine tolle Mischung, jeder hat mit jedem irgend etwas Unausgesprochenes am Laufen, und die Fragen "was steckt dahinter, wer war es, und was geht hier überhaupt vor sich" beschäftigen den Hörer bis zum Schluss.

Außerdem ist das Flair der Hallig Jordsand großartig umgesetzt. Die Schönheit der Natur, aber auch das Ausgeliefertsein bei Naturgewalten. Die Landschaft, die Viehzucht, das Wattenmeer, eine großartige Kulisse für diese atmosphärische und zutiefst düstere Geschichte. Ich habe nach Jordsand gegoogelt, kannte die Insel nicht und fand es höchst interessant (auch, dass gerade diese Hallig als Ort der Geschichte gewählt wurde). Auch gibt es einen Querverweis zu Rungholdt, was ebenfalls für einiges Mysterium sorgt ;-)

Was mir zusätzlich gefiel, waren die vielen Twists. Immer, wenn man denkt, endlich begriffen zu haben, was das Ziel des Hörspiels ist, geht die Geschichte weiter und baut einen neuen Spannungsbogen auf, sodass das ganze vermeintliche Gerüst wieder kippt und sich eine neue Richtung entwickelt. So mag ich das!

Da kann man über ein paar Schwächen getrost hinwegsehen. Zum Beispiel handeln die Protagonisten gelegentlich unlogisch. Was sich aber gegen Ende erklärt, sofern man die Erklärung für realistisch hält (darüber könnte man streiten). Aber das ist in diesem Genre so üblich, wo die Grenze zwischen "clever ausgedacht" und "zuviel des Guten" gerne ausgereizt wird. Ich sehe hier vor allem den Unterhaltungswert, und der war ohne Ausnahme vorhanden.

Die Sprecher haben tolle Arbeit geleistet. Mit Uve Teschner, Daniela Bette, Michael-Che Koch, Patrick Mölleken, Mayke Dähn, Bodo Primus und anderen sind bekannte Größen am Werk, die ihr Handwerk verstehen, da gibt es nichts zu meckern. Wobei, doch, in einer Hinsicht muss ich ordentlich motzen: wie kommt man auf die Idee, einen 13jährigen Jungen mit Patrick Mölleken (Jahrgang 1993) zu besetzen?!? Seine Sprecherleistung stelle ich nicht infrage, im Gegenteil, er war toll! Aber während des Hörens empfand ich das immer wieder aufs Neue irritierend.

Vielleicht wollte man einem Kind nicht diese teils brutalen Szenen zumuten. Aber das wird ja im Studio zusammengeschnitten. Außerdem wurde die Szene des Ertränkt werdens gleich im ersten Track auch von einem kleinen Mädchen gesprochen, das kann also nicht der Grund gewesen sein. Warum also ein erwachsener Mann anstelle eines pubertierenden Jungen? Das war etwas, das mich durchweg gestört hat beim Hören, trotzdem ist meine Gesamtmeinung über das Hörspiel an sich eine durchweg gute.

Zusammenfassend kann man sagen: JORDSAND ist ein atmosphärisches, düsteres Hörspiel mit viel Spannung und Grusel für gemütliche Abende, wenn draußen das Unwetter tobt ...

SaschaSalamander 16.12.2019, 08.46

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