SaschaSalamander

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Sarg niemals nie

wells_sarg_1.jpgFrederic Withers sitzt im Gefängnis. Eigentlich plant er einen großen Coup, und dafür stellt er sich tot, um im Sarg aus dem Gefängnis gebracht zu werden. Auf dem Friedhof wird er von Vampiren für den Auserwählten gehalten, sie folgen ihm nun überall hin. Doch er hat nur ein Ziel: sich als Neffe des verstorbenen Beard auszugeben und das reiche Erbe abzusahnen. Dabei begegnet er vielen Personen, die ihm helfen, zu Freunden werden. Aber auch anderen, die ihn jagen und töten wollen. Und seiner Geliebten Gwen, die ein falsches Spiel spielt. Alles geht drunter und drüber, es kommt ganz anders als geplant ...

Von Dan Wells kenne ich bisher nur den ersten Teil der Serienkiller-Reihe. Der Roman hatte mich zwar nicht vom Hocker gerissen, ich kann mich nur noch bruchstückweise daran erinnern, aber ich fand ihn gut genug, um mir den Autor positiv im Gedächtnis zu behalten. Da SA(R)G NIEMALS NIE ein Einzelband ist und der Inhalt recht witzig klang, war ich neugierig und habe ihn gelesen. Und dieses Buch werde ich wohl nicht so schnell vergessen wie den Auftakt des Serienkillers ;-)

Es ist herrlich schräg, ein Gag jagt den nächsten, die Charaktere sind unglaublich skurill. Frederic trifft auf eine recht freie Interpretation des Dichters John Keats, auf eine ebenso ungewöhnliche Auslegung von Mary Shelley (was würde die echte Autorin wohl dazu sagen, was Dan Wells aus ihr gemacht hat?), besonders diese beiden Figuren wuchsen mir mit ihren Macken sehr ans Herz. Mary, ständig auf der Jagd nach der nächsten Leiche und deren Einzelteilen, John stets am Reimen, Schreiben, Dichten, das Leben nur genießend, wenn es ihm Leid, Elend und Jammer bietet, ihn anspornend zu noch größeren Kunstwerken.

Ich habe das Buch zu Beginn rasend schnell verschlungen, denn ich lieben den eigenwilligen Humor: schwarz, makaber, düster, dabei aber auch sehr viel Situationskomik, jede Menge spritziger Dialoge, eine große Portion Wortwitz und sehr viel Ironie. Was schiefgehen kann, das geht ganz sicher schief, und jedes Missverständnis wird ausgereizt bis zum Äußersten.

Das ist auch die Schwäche des Buches: es ist einfach too much. Das erste Drittel habe ich laut gelacht, ich bin über die Seiten gerast. Im zweiten Drittel begann ich langsam, nach etwas mehr Handlung und weniger Chaos zu suchen. Das letzte Drittel habe ich eher überflogen, weil es dann sehr verworren wird und die Missverständnisse einfach zuviel. Was am Anfang lustig ist, das ist nach der 50sten Wiederholung eher ermüdend denn erheiternd. Es hätte dem Buch gut getan, entweder den Humor zu variieren und ein paar zusätzliche Ideen einzubringen, oder aber es drastisch zu kürzen. Oder, den Humor etwas zurückzunehmen. Es gibt quasi keinen Satz, der nicht mindestens zwei Scherze enthält. Hätte man sich auf vier oder fünf Gags pro Seite beschränkt, wäre es wohl langfristig besser gewesen, so aber fühlte ich mich wie nach fünf Tafeln Schokolade: mir war etwas übel, und ich konnte einfach nicht mehr, war froh als ich den letzten Bissen verdrückt hatte, aber genießen konnte ich nicht mehr.

Insgesamt also ein wirklich komisches Buch, ein Gagfeuerwerk ohnegleichen. Das sein Pulver viel zu schnell verschießt. Weniger wäre mehr gewesen. Schade, denn im Grunde war ich begeistert, und ich werde demnächst gerne ein weiteres Buch von Dan Wells lesen. Hoffend, dass dies eine Mischung aus dem eher subtilen Humor der Serienkiller-Reihe und der übergezogenen Keule des Frederic Withers ist.

Wertung: 6 von 10 Ghoule

SaschaSalamander 06.03.2013, 09.06

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