SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Zwanzig Sekunden Ewigkeit

Alex erwacht - in einer Leichenhalle? Hielt man sie etwa für tot? Oder will ihr jemand einen grausamen Streich spielen? Sie steht auf, beginnt ihre Umgebung zu erforschen, und plötzlich ist nichts mehr, wie es scheint. Während Alex versucht zu entkommen und eine Erklärung für ihre Situation zu finden, zweifelt sie immer mehr an ihrem Verstand und beginnt eine lange, verschlungene Reise zu sich selbst.


AUTOR

>Siegfried Langer< ist ein Autor, dessen Bücher ich bedenkenlos kaufe und lese, ohne mich vorab über den Inhalt zu informieren. Ich mag die Art, wie er in schlichten Worten und kurzen Geschichten spannende Handlungen aufbaut. Mit >LEIDE<, VERGELTE und >BERLIN RIPPER< hat er eine klassische Thriller-Reihe geschaffen. >NACHSCHLAG< ist ein SM-Thriller, mit dem er sich auf ein Terrain wagt, das nur wenige Autoren offen angehen. Aber vor allem Titel wie >VATER, MUTTER, TOD<, >STERBENSWORT< oder ALLES BLEIBT ANDERS sind das, was ihn für mich zu etwas Besonderem machen: er experimentiert mit unterschiedlichen Erzähltechniken, setzt sich über bestehende Regeln des Schreibens hinweg und erschafft ganz eigene Werke. Gerade für Vielleser wie mich ist es erfrischend, wenn ein Buch von den üblichen Methoden abweicht und dadurch neue, überraschende Wendungen bietet.


ERZÄHLSTIL, SCHREIBSTIL

Auch ZWANZIG SEKUNDEN EWIGKEIT ist eines der Bücher, mit denen Langer wieder experimentiert. Lange ist unklar, worauf er hinaus will. Es beginnt wie ein Thriller, wird jedoch bald mysteriös. Übernatürliche Mächte? Wahnvorstellungen? Leben nach dem Tod? Mindfuck? Ein abgekartertes Spiel aus Verschwörung und Kontrolle von Geist und Körper?

Während des Lesens musste ich an einige Filme und diesmal vor allem Computerspiele denken, die mit ähnlichen Techniken vorgehen, doch aus Spoilergründen werde ich diese nicht nennen. Und: bei dieser Art Erzählungen passiert es leider sehr oft, dass ich mich als Leser oft gefoppt fühle, weil es einfach zu overacted ist (Bsp Strobel, Fitzek). Gerade, wenn alles unerklärlich scheint, finde ich es wichtig, am Ende alles aufzulösen, damit der Leser sich nicht um seine kostbare Zeit betrogen fühlt.

Das wird hier getan: Es gibt im Laufe der Handlung sehr viele Andeutungen, Erklärungsansätze und Hinweise, die jedoch alle aufgelöst werden, nichts bleibt offen. Und das Ende ist absolut zufriedenstellend (wenn auch mit einer kleinen Andeutung, aber die ist nicht störend sondern ein Augenzwinkern zum Abschluss).

Sprachlich ist der Roman ein typischer Langer: unterhaltsam, flott, einfach und ohne Anstrengung zu lesen, perfekt für einen gemütlichen Abend. 


SPANNUNGSAUFBAU

Den Spannungsaufbau finde ich in diesem Roman perfekt abgestimmt. Der Leser erlebt die Geschichte aus der Perspektive der Protagonistin. Schritt für Schritt beginnt Alex Bruchstücke aus ihrer Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter zu durchleben. Es beginnt geheimnisvoll, wird immer spannenender und dann sogar erschreckend. Ein perfekt gerade verlaufender Strich nach oben hin zum Höhepunkt des ersten Teils. Dann glaubt man zu ahnen, worum es geht, auf diesem Level darf man sich kurz ausruhen und Luft holen, und dann zieht der Autor noch einmal so richtig an und erhöht die Spannung noch einmal: es wird immer temporeicher bis zum Showdown. Puh, durchatmen! Fertig ... 


KÜRZE DES ROMANS

Der Autor entschuldigt sich im Nachwort für die Kürze seines Romans. Na, das mag jeder sehen, wie er will. Ich selbst finde es ziemlich ärgerlich, dass viele moderne Autoren die Kunst des Kürzens nicht mehr beherrschen, ihre Bücher immer länger und dicker (aufgeblähter) werden. So, als wäre eine hohe Seitenzahl ein Qualitätsmerkmal. Bei diesen Büchern könnte man verlustfrei oft die Hälfte des Textes entfernen (weswegen ich häufig die gekürzten Hörbücher bevorzuge). Bei Langer kann man nichts kürzen, er beschränkt sich bereits auf das Wesentliche. Das ist mir sehr sympathisch: Jeder Satz hat eine Bedeutung, jede Aussage ist von Belang, sodass ich nichts überfliege sondern ganz bewusst und intensiv lesen muss.


PERSÖNLICHE MEINUNG

Mein erster Titel von Langer war VATER MUTTER TOD. Die anderen Titel gefielen mir, doch an dieses Werk konnte kein anderes heranreichen. Bis jetzt - mit dem aktuellen Roman ist es ihm gelungen, hier wieder anzuknüpfen. Individuelle Erzähltechnik, perfekt inszenierter Spannungsbogen, ungewöhnliches Setting. Eine Story, die den Leser fesselt, überrascht und begeistert. 

SaschaSalamander 08.08.2016, 08.44

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