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Blogeinträge (Tag-sortiert)
Tag: Jugend
Virtuosity
Carmen ist eine talentierte Violinistin. Und vom Schicksal gesegnet, denn sie hat eine Mutter, die zugleich ihre Managerin ist und sie fördert. Außerdem hat sie reiche Großeltern, die ihr eine Stradivari kauften und stolz auf die Karriere sind. Doch die Fürsorge der Mutter und der Stolz der Großeltern sind ein goldener Käfig, Carmen selbst ist nur eine Marionette zur Erfüllung der Träume anderer. Statt ein normales Teenagerleben zu führen, muss sie von einem Konzert zum nächsten, muss Preise gewinnen und mit strahlendem Lächeln in die Kamera blicken. Ein Freund? Eine normale Schule? Nein, aber dafür Welterfolg. Ein Erfolg, an dem sie zu zerbrechen droht. Bis sie eines Tages Jeremy kennenlernt, ihren härtesten Konkurrenten für den wichtigsten Preis ihrer Laufbahn. Er stellt ihr Leben auf dem Kopf, und sie versucht ihrem Käfig zu entfliehen.
THEMA, GENRE
Das Cover und der Trailer des >Lübbe Verlages< lassen auf eine Teenie-Romanze schließen, wie man sie derzeit an jeder Ecke nachgeworfen bekommt. Dass ich >VIRTUOSITY< dennoch lesen wollte, lag vor allem am Thema: klassische Musik, Konzerte, Geigenspiel. Ich liebe klassische Musik, und als Jugendliche habe ich selbst in einem Jugendsymphonieorchester gespielt, intensiv Unterricht erhalten und im Freundeskreis erlebt, wie eine Musikerkarriere aufgebaut wird (ein Teil meiner damaligen Mitschüler ist heute weltweit bekannt und gefeiert, das ist schon ein seltsames Gefühl). Daher war ich sehr gespannt, wie die Autorin dieses für mich persönlich spannende Thema umsetzen würde. Ich freue mich, dass ich über >BloggDeinBuch< ein Exemplar lesen durfte.
VIRTUOSITY beweist, dass auch ohne Fantasy und magische Wesen ein spannender Jugendroman möglich ist. Die Welt der klassischen Musik, sowohl in ihrer Leidenschaft und Eleganz wie auch in ihrer Verlogenheit und Bestechlichkeit ist sehr schön dargestellt. Wenn Carmen ihre Geige ansetzt und spielt, fühlte ich mich oft an damals erinnert, wenn ich im Konzertsaal saß, die Atmosphäre wurde hervorragend eingefangen. Und auch die Feinheiten der Profimusiker wurden gut beschrieben: immer die Hände schonen, nicht mit den Fingerknöcheln an Türen anklopfen, Körperteile versichern, keine Ringe tragen, der stete rote Abdruck im Gesicht und viele Kleinigkeiten mehr, die nebenbei einfließen aber der gesamten Geschichte sehr viel Echtheit verleihen.
Obwohl das Buch als Romanze vermarktet wird, halte ich es eher für eine Mischung aus Drama und Erwachsenwerden. Der Prozess von Carmens Ablösung ist sehr gut herausgearbeitet und stellt das dominierende Thema des Buches dar. Ihr Gefangensein, ihre Zweifel, die folgende Rebellion und die Befreiung. Zwar ausgelöst durch eine Liebe, diese aber nicht der Knackpunkt sondern das Mittel zum Zweck. Trotzdem - auch der romantische Anteil ist gekonnt dargestellt und lässt das Leserherz höher schlagen. Es ist der Autorin gelungen, verschiedene Anteile geschickt zu verweben, ohne es zu kitischig oder zu dramatisch werden zu lassen.
CHARAKTERE
Carmen ist äußerst gelungen gezeichnet. Das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben und gewährt dem Leser einen ungeschönten Einblick in ihre Welt. Sie fügt sich in die Welt, die ihre Mutter und Großeltern ihr vorgeben, sie kennt es nicht anders, und sie verzichtet dafür auf ein eigenes Leben. Schrittweise wird beschrieben, wie der Erfolg immer mehr zur Belastung wird, bis sie eines Tages nicht mehr ohne Medikamente auf die Bühne treten kann und schrittweise in die Abhängigkeit rutscht. Immer wieder lässt sie den Leser auf die unschönen Dinge ihres Erfolges blicken: der aggressive Lehrer, die viel zu kurze Leine ihrer Mutter, der stete Druck von Presse, Familie und aus sich selbst heraus. Dem gegenüber steht das verletzliche Mädchen, das sich verzweifelt danach sehnt, um seiner selbst willen geliebt zu werden. Als sie rebelliert, steigert sie sich in einen wahren "Rebellionsrausch" hinein, der alles zerstören könnte.
Jeremy ist das genaue Gegenteil von Carmen: er ist frei, lebendig, hat eine liebende Familie, er ist sozial kompetent und hat ein offenes Herz für die Dinge um ihn herum. Seine Vitalität ist ein markanter Kontrast, doch auch sein Leben hat dunkle Momente. Und stets schwebt die erdrückende Frage im Raum: will er Carmen manipulieren, um selbst den Preis zu gewinnen? Oder ist tatsächlich er der eine, der sie um ihrer selbst willen liebt?
Außer den beiden gibt es nur vier weitere Charaktere: Diana, die Mutter, die durch die Nähe zur Protagonistin sehr häufig anzutreffen und sehr gut beschrieben ist. Clark, Carmens Stiefvater, ein Lichtblick zwischen all dem Erfolg und der künstlichen Fassade. Heidi, die junge Privatlehrerin, die das Mädchen in ihrer Rebellion unterstützt und dafür viel aufs Spiel setzt. Und der Lehrer Juri, zweimal die Woche terrorisiert er Carmen und formt ihre Musik. Jede dieser Figuren ist sehr emotionsbeladen und für den Leser direkt greifbar.
WIDERSPRÜCHE
VIRTUOSITY ist ein Buch voller Widersprüche. Einerseits ist das die offizielle Welt der Musik: teure Preise, wertvolle Instrumente, perfekt gestylte Kleidung, eine elegante Performance, Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten. Auf der anderen Seite sind da Heidi und Jeremy, die immer wieder Einblicke in die "andere" Welt normaler Jugendlicher bieten. Als Carmen auf Jeremy trifft, blitzt immer mehr dieser für sie neuen Welt hervor.
Für die Musik empfindet Carmen eine Hassliebe. Sie spielt verträumt die Melodien, genießt ihre regemlässigen Rituale, sie liebt das atmende und singende Instrument und schwärmt von Musik wie andere von ihrem Geliebten. Doch zugleich ist ihr die Musik verhasst, sie ist der Käfig, der sie gefangenhältt, es ekelt sie an, es ist grässlich, widerlich, sie fühlt sich beschmutzt und möchte - wie bereits im ersten Kapitel ersichtlich - am liebsten ihre 1,2 Mio teure Stradivari vom Balkon fallen lassen.
Carmen weiß auch nicht, was sie möchte, sie muss sich ihrer selbst erst bewusst werden. Sie will geliebt werden, wie sie ist. Als das junge Mädchen, als Person, als Mensch. Und doch will sie, dass die Konzertbesucher zu ihr aufsehen, sie wegen ihrer Musik lieben und sie verehren.
Der größte Widerspruch in diesem Buch ist Jeremy. Sie liebt ihn, denn er ist, was sie gerne wäre. Er findet sie hübsch, er besucht nichtmusikalische Veranstaltungen mit ihr, er küsst sie, mit ihm kann sie auch über andere Dinge reden als über Musik. Zugleich aber darf und wil sie ihn nicht lieben, da er ihr Gegner ist. Sicher lenkt er sie nur vom Wettbewerb ab und verfolgt seine eigenen Ziele, sicher will auch er sie nur manipulieren. Sein Verhalten verärgert Carmen. Sie stößt ihn ab und zieht ihn an sich, sie verachtet ihn und verehrt ihn, er ist ihr Retter und ihr Untergang.
Dies sind die meiner Ansicht nach vier wichtigsten Elemente, doch es gibt noch sehr viele weitere. Etwa die Medikamente, die sie zu brauchen glaubt und die sie im Zuge ihrer Rebellion absetzt. Die Figuren ihrer Mutter und des Lehrers, denen sie zwiespältig gegenübersteht. Auch sich selbst gegenüber ist Carmen immer wieder im Zweifel. VIRTUOSITY beschreibt überdeutlich den Prozess der Selbstfindung und Befreiung auf so packende Weise, dass der Leser immer wieder das Gefühl hat, er selbst müsse nun erbrechen, schreien, weinen.
COVER, PASSION
Ausnahmsweise möchte ich einige Worte über die Aufmachung des Buches verlieren: teilweise verdeckte Mädchengesichter sieht man derzeit überall, dadurch hebt sich das Cover leider wenig aus der Masse ab. Doch das verdeckende Element, die Geige, ist sehr schön in den Vordergrund gehoben, sodass der Mensch hinter der Musik verborgen ist, wie auch Carmen hinter ihrer Karriere. Die beherrschende Farbe ist ein dunkles Lila, die Farbe der Passion. Und diese Passion, Leidenschaft ist es, um die es im Buch geht. Gemäß Wikipedia eine starke, inbrünstige Emotion von Liebe und Hass, sie dient der Verfolgung von Zielen, es schwingt ein Beiklang von Zerstörung mit. Besser als mit dem Wort Passion kann man VIRTUOSITY nicht beschreiben.
FAZIT
Die Autorin hat ausder Musik ein mitreißendes Jugenddrama voller Zärtlichkeit und Passion zu erschaffen. Fernab vom Kitsch erlebt der Leser gemeinsam mit Carmen eine Achterbahn der Gefühle, deren Intensität noch lange nachklingt.
SaschaSalamander 25.02.2012, 09.01 | (0/0) Kommentare | PL
Das Tal 2.1. - Der Fluch
Naja, Lust auf die Serie scheinen noch immer genügend Leute zu haben, ich lese noch immer viel Positives im Netz. Aber auch jede Menge Gegenstimmen, die sich ebenso wie ich langsam verar***t fühlen. Da wird immer wieder eine neue Story um irgendwelche Jugendlichen geschrieben, aber die Geheimnisse des Tals werden nicht gelüftet.
Würde die Autorin die Geschichten solo veröffentlichen und aus dem Tal herausnehmen, das fände ich klasse. Gerade die aktuelle Handlung um die junge Frau und ihre traumatische Vergangenheit war sehr bewegend und für sich betrachtet wirklich klasse, hätte ich sehr gerne gelesen. Aber das Einbetten in das Tal hat es zerstört: der eigentlichen Handlung um Rose wurde zuviel Aufmerksamkeit gezollt dafür, dass es ein Tal-Roman war. Und das Tal kam dafür weit, weit, weit zu kurz. Und ich war am Ende sauer.
Ich frage mich, ob es irgendwann weitergeht, ob der Leser irgendwann mehr über das Tal erfährt. Oder ob sie jetzt pro Jahrgang immer wieder vier Bände schreibt, bis die Schüler alle ihren Abschluss haben. Das wäre Kommerz hoch zehn, und ich bin keine Kuh, die man sinnlos melken kann. Es gibt viele gute Bücher, und ich möchte meine Zeit nicht verschwenden ...
SaschaSalamander 23.02.2012, 15.57 | (0/0) Kommentare | PL
Die Auserwählten 01 - Im Labyrinth
Ich werde es zu Ende hören, weil die Geschichte als solche wirklich klasse ist. Aber die Umsetzung ist nicht mein Ding. Ich werde mit keinem einzigen der Charaktere warm, finde das Verhalten so ziemlich jeder Figur seltsam, habe kein Bild im Kopf von Landschaft oder Personen. Ich weiß, dass es auch wieder nur der Auftakt einer Reihe ist, und wenn nicht einmal der Anfang mit mitreißt, wird es wohl auch mit der Fortsetzung eher mau werden ...
Nein, ich glaube nicht, dass das Ende es rausreißen wird und ich begeistert bin. Ich bin gerade bei CD 4 von 6, das sollte genügen für einen ersten Eindruck.
Wer von Euch hat DIE AUSERWÄHLTEN gehört oder gelesen?
Wie fandet Ihr es?
SaschaSalamander 22.02.2012, 15.48 | (0/0) Kommentare | PL
Wie ein Stein in mir
An sich lese ich Bücher dieses Genres nicht gerne. Auch ohne, dass ein persönliches Schicksal mit dem dritten Reich verknüpft ist, finde ich das Thema sehr belastend. Ich lese da eher Fachbücher oder besuche Ausstellungen. Filme und Bücher, die in dieser Zeit spielen, finde ich schrecklich. Aber deswegen verschließe ich natürlich dennoch nicht die Augen und greife hier und da zu. In diesem Fall deshalb, weil ich die Person des Janusz Korczak schon immer sehr interessant fand. Auch lese ich gerne Bücher um Kinderschicksale, zum Beispiel von Torey L Hayden. Dieses Buch vereint mehrere Themen: das Schicksal eines traumatisierten Kindes, die Zeit des dritten Reiches 1942, die Pädagogik des Janusz Korczak. Ein Jugendbuch, aber aus genau diesen Gründen dennoch harte Kost, oh ja!
Die Rezension wurde sehr lang, denn in Rezensionen verarbeite ich gelegentlich auch Leseeindrücke. Dies ist hier der Fall: WIE EIN STEIN IN MIR ist ein Buch, das verarbeitet werden muss. Wem das zuviel ist, der kann gerne auf meine >Kurzfassung bei Amazon< zurückgreifen ;-)
INHALT
Esther ist 13 Jahre alt, als sie in das Waisenhaus Dom Sierot des Janusz Korczak gebracht wird. Was sie zuvor erlebte, ließ sie verstummen, kein Wort vermag sie mehr zu sprechen. Der Arzt, die Schwestern und die Kinder nehmen Esther herzlich in ihrer Mitte auf. Schritt für Schritt gewinnt Esther Vertrauen, lernt ihre Vergangenheit aufzuarbeiten und sich in der Gruppe zu integrieren. Doch während im Dom Sierot die Welt Wärme und Liebe verspricht, tobt draußen der Krieg, und auch vor den Kindern wird er nicht innehalten ...
KEIN SPOILER
Ich habe lange überlegt, ob ich spoilern soll oder nicht. Aber ich empfinde es nicht als Spoiler. Denn, mal ehrlich: das Buch spielt im dritten Reich und handelt von realen Personen. Gut, Korczak ist vielen vielleicht nicht so bekannt wie meinetwegen Anne Frank oder andere Menschen, die im KZ verstarben. Dennoch ist er ein bedeutender Pädagoge, Autor sowie Namensgeber vieler Schulen und Straßen. Deswegen sehe ich es nicht als Spoiler, wenn ich im Laufe der Rezension Andeutungen über das schreckliche Ende des Buches mache. Ich spoilere auch nicht, wenn ich sage, dass ANNE FRANK am Ende stirbt oder dass in SCHINDLERS LISTE viele Juden den Tod finden. Und ebenso ist es hier bei WIE EIN STEIN IN MIR. Wer das Buch liest, der sollte wissen, was ihn erwartet. Ich habe das Tagebuch des Dr. Korczak noch nicht gelesen, daher weiß ich nicht, ob das Mädchen Esther eine fiktive Figur aus der Feder der Autorin Vandewijer ist, oder ob sie tatsächlich in seinen Aufzeichnungen vorkommt und das Buch somit eine dramatische Aufarbeitung der realen Ereignisse ist. Doch Esther hin oder her - das Buch behandelt reale Ereignisse und ist somit ein Stück Geschichte. Und Geschichte kann man nicht spoilern ;-)
CHARAKTERE
Die Charaktere des Buches berührten mein Herz. Obwohl alles aus Sicht Esthers geschrieben ist, werden sie doch sehr greifbar und lebendig. Der "alte Doktor" erzählt hier und da aus seiner Vergangenheit, berichtet was ihn bewegt und beschäftigt. Doch er ist mit Ausnahme von Esther die einzige Figur, über deren Leben man etwas erfährt. Der Leser erhält ein sehr gutes Bild über seine Pädagogik, seine Einstellung, seine Liebe zu den Kindern. Die Kinder des Waisenhauses werden nur von außen geschildert und bleiben somit im Hintergrund aber keineswegs blass. Sie alle erhalten Persönlichkeit, Vorlieben, sehr schnell kann der Leser sie alle auseinanderhalten. Den kleinen Geigenspieler, der Gärtner, die quirlige Plaudertasche, den in Esther verliebten Jungen und all die anderen Waisen. Der Leser erlebt sie so innig, dass sie während der Lektüre quasi zu Freunden werden. Und je mehr man sie lieb gewinnt, desto schwerer fällt es, umzublättern, desto größer wird der Kloß im Hals, wenn man sich dem Ende nähert.
AUFBAU
Das Buch besteht aus drei sich abwechselnden Einheiten: eine leere Seite mit einem Zitat von Korczak. Diesen entnimmt man Gedanken über Pädagogik, Kinder oder seine Einstellung zum Leben. Die Zitate sind sehr gut passend zum Buch gewählt. Dann gibt es Aus der Ich-Perspektive das Erleben von Esther. Sie beschreibt ihren Alltag, das Erleben der Umwelt, das Handeln der anderen. Hierin erfährt der Leser viel über das Leben im Heim sowie nach und nach immer mehr über die drohende Gefahr des Krieges. Und dann gibt es Esthers Tagebucheinträge. In diesen schreibt sie das täglich Erlebte aus ihrer Innensicht, hier schreibt sie ihre Gefühle und Gedanken nieder, die im Alltag keinen Platz finden. Die Kapitel sind in der Regel 2 bis 10 Seiten.
Die Bedrohung im Hintergrund ist stetig präsent. Korczak schützt die Kinder, sogut es ihm möglich ist, er hält die Welt von ihnen fern, vermittelt ihnen Liebe und Geborgenheit. Doch durch Esthers frühere Erlebnisse und durch einzelne Aktionen mit der Außenwelt (Verkauf von Büchern, ein Kind kommt zu spät nach Hause und erzählt von seiner Flucht vor den Kontrollen) erfährt der Leser immer wieder kurze, schreckliche Einzelheiten über das Voranschreiten des Krieges.
Anfangs interessiert es den Leser brennend, was nun mit Esther geschehen ist. Das ist ja schließlich eines der Hauptthemen des Buches. Doch je mehr die Handlung voranschreitet, desto unwichtiger wird es. Es ist egal, denn alle haben Schlimmes erlebt. Was nun immer mehr zählt, das ist wie es weitergeht. Obwohl man das Ende kennt, hofft man doch, dass die Kinder diesem Schicksal entgehen können. Es zählt nicht mehr, was Ester damals wiederfahren ist. Es ist nur wichtig, dass sie sich in die Gruppe eingliedert, Freunde findet, dass sie sich wohl fühlt, dass sie wieder Vertrauen fassen kann, dass sie die Schrecken ihrer Vergangenheit ablegt. Und je glücklicher sie wird, desto schrecklicher wird das Buch zu lesen, denn man weiß, dass ihr Glück nicht von Dauer sein wird. Das Buch endet vermeintlich glücklich, denn es ist aus Sicht von Esther erzählt. Der Doktor will die Kinder vor dem Schicksal schützen, und die Kleinen ahnen nicht, was ihnen droht. Und so erlebt Esther den schönsten Tag seit langer Zeit, hat endlich gefunden, was sie suchte, und sie geht strahlend in eine neue Zukunft. Es zerreißt dem Leser das Herz, die glückliche Wahrnehmung des Kindes gegenüber der grausamen Realität zu sehen ...
SPRACHE
Die Sprache ist schlicht gehalten und passt sehr gut zur Person der Esther. Kurze Sätze, selten ein Komma, der Satzbau sehr einfach. Oft nur Gedankenfetzen, die sich dem Leser zeigen. Doch trotz der knappen Worte vermag es die Autorin (bzw zugleich der Übersetzer), die Welt in melodische Bilder zu verpacken.
Ein Beispiel für die Gedankenfetzen: "Ich sammle die Fetzen. Wie die Glieder einer Kette will ich sie aneinanderreihen. Ich darf diese Kette nicht verlieren. Der Junge zieht mich weiter. Am Arm, ungeduldig. Ich sehe mich selbst gehen. Meine Seele hoch in der Luft. Ich weiß nicht, ob mein Körper atmet. Das Haus hier. Welches Haus? Spielende Kinder." Diese knappen Worte lesen sich sehr flüssig, es dauert nur drei bis vier Seiten, bis man sich daran gewöhnt hat.
Auffällig in der Beschreibung der Außenwelt Esthers ist auch die Form der Dialoge: nicht wie sonst üblich mit "sagte" oder "erklärte" und anderen Verben des Sprechens. Sondern der Satz wird in Anführungszeichen quasi hingeworfen, und in Klammern steht dahinter der Name der sprechenden Person. Dies verdeutlicht sehr schön, wie Esther Sätze hört und sie im Nachhinein, verlangsamt noch immer durch ihren Schock, einzelnen Personen zuordnet. Die Aussage. Die Person. Alles andere ist unnötiger Ballast für das Mädchen.
Obwohl das Buch durch viel freies Papier (ein Kapitel beginnt auf einer neuen Seite, die Zitate stehen auf einer eigenen Seite), eine angenehme Schriftgroße und die einfachen Sätze sehr schnell gelesen sein könnte, brauchte ich erstaunlich lange für meine Verhältnisse. Der schwer verdauliche Inhalt führt dazu, dass man es nicht überfliegen möchte. Man sollte sich also Zeit und Muse nehmen für dieses Buch.
JUDEN, DRITTES REICH
Immer wieder blitzen Momente des Krieges in die Welt der Kinder. Und auch das Thema Judentum ist stets präsent. So besuchen der Doktor und Esther eine Beerdigung. Auch soll Esther einen Aufsatz schreiben über die Stimme der Steine, wo sie über die Steine auf den Friedhöfen sinniert. Später wird ihr ein Aufsatz über die 36 Gerechten zugeteilt, und im Waisenhaus laufen die Vorbereitungen für das Versöhnungsfest Jom Kippur. In der Gruppe der Kinder ist zudem auch ein Junge, der gerne Witze erzählt von Moschje, dem Rabbi, seiner Religion. Doch abgesehen von solchen Momenten geht es in diesem Buch vordergründig nur um Ester, die Kinder und Korczak. Doch im Hinterkopf des Lesers schwebt das Wissen um das Ende wie ein Damoklesschwert über jeder Seite, über jedem glücklichen Moment.
JANUSZ KORCZAK
Er wurde in WIE EIN STEIN IN MIR wunderbar eingefangen. In vielen herzlichen Situationen erfährt der Leser von seiner Pädagogik. Wie er zuhört, wie er die Kinder behandelt. Das Buch ist kein Lehrstück, kein Sachbuch. Doch zwischen den Zeilen erfährt man sehr viel über das Leben der Kinder im Heim: es gibt eine eigene Zeitung, ja sogar ein Kindergericht. Nicht nur die Erzieher verhängen Strafen über das Fehlverhalten. Sondern die Kinder leben in einer Art eigenem kleinen Staat mit eigener Hirarchie und einem Rechtssystem. Es ist bewegend, mit wieviel Verantwortung und kindlicher Weisheit sie an ihre Aufgabe herangehen.
Neben Esther ist er die einzige Figur, die klar beschrieben ist und von der man mehr erfährt. Ich halte dieses Buch für sehr gut geeignet als Schullektüre: es werden sehr viele Werte vermittelt, es ist höchst pädagogisch und behandelt eine wichtige Zeit unserer Geschichte. Während aber Bücher wie zum Beispiel DER HERR DER FLIEGEN die schlechte Seite der Menschen zeigen und die Verderbtheit von Kindern darlegen, zeigt WIE EIN STEIN IN MIR, wozu Kinder fähig sind, wenn man sie als Erwachsener mit Liebe führt und ihnen hilft, ihre innewohnenden Kräfte zu erkennen und auszuleben.
Über den "alten Doktor" als Person (wie er von den Medien damals genannt wurde und wie er auch einmal im Buch genannt wird) erfährt man in kleinen Brocken viele interessanten Dinge. Etwa über sein Buch KÖNIG MACIUS, seine Tätigkeit als Arzt im Krieg, seine Radioauftritte. Dies ist nicht Hauptbestandteil des Buches, macht interessierte Leser aber sehr neugierig auf mehr von diesem fasziniernden Mann.
FAZIT
Eine bewegende Geschichte, ein ergreifendes Schicksal, ein ungewöhnlicher aber wundervoller Schreibstil: WIE EIN STEIN IN MIR ist eines der seltenen Bücher, das ich uneingeschränkt für alle Leser empfehlen kann.
SaschaSalamander 22.02.2012, 09.34 | (0/0) Kommentare | PL
Treffpunkt Tatort 04 - Die Schlange
Die ersten drei Bände von >TREFFPUNKT TATORT< habe ich 2007 bereits gehört. Viereinhalb Jahre etwa ist das her. Ich muss doch sehr schmunzeln, wiesehr sich mein Schreibstil in dieser Zeit geändert hat, heute hätte ich meine Gedanken wohl ganz anders geschrieben. Trotzdem spiegelt der alte Beitrag sehr intensiv das wieder, was mir bis heute im Gedächtnis geblieben ist. Und dass es auch nach fast fünf Jahren noch immer präsent ist, stellt ein riesiges Lob an den Autor dar! Ich habe einen enormen Durchlauf an Büchern, manche finde ich grandios aber habe sie nach wenigen Wochen wieder komplett vergessen. Nicht so bei Klaus-Peter Wolf, der mit mit FELIX UND DIE KUNST DES LÜGENS und TREFFPUNKT TATORT zwei Serien beschert hat, die für mich persönlich in der Rangliste meiner liebsten Kinderbücher recht weit oben stehen und die mir so präsent erscheinen, als hätte ich sie erst vor wenigen Wochen gehört.
INHALT BAND VIER
Helden der Reihe sind die vier Schüler Tim, Jan, Doro und Lina, die immer wieder in Kriminalfälle verwickelt werden. Im vierten Band DIE SCHLANGE wird Tims Oma von einem Giftpfeil getroffen ins Krankenhaus eingeliefert. Es ist ein Mordversuch in einer Reihe von Angriffen: ein Serientäter schießt auf ältere Frauen und tötet sie mit Schlangengift. Die Polizei tappt lange im Dunkeln, die Kids ermitteln auf eigene Faust. Sie klappern die Zooläden ab, besuchen Sportvereine für Bogenschützen. Was steckt hinter den Morden? Werden die Kids den Fall rechtzeitig lösen, bevor ein nächstes Opfer sterben muss?
WAS IST ANDERS AN DIESER KRIMIREIHE
Obwohl es fast fünf Jahre her ist, dass ich die dritte Folge hörte, war ich sofort wieder mitten im Geschehen, erinnerte mich glasklar an alle Protagonisten. Doch auch ohne die anderen Teile zu kennen, kann man jede Episode für sich hören, die Bände sind in sich geschlossen. Trotzdem genoss ich natürlich das Widersehen mit den vier Freunden und dem Inspektor.
Im Grunde ist es ein Jugendkrimi, wie es viele dieser Art gibt, ob sie sich nun Detektive nennen, Satzzeichen, Bande, Trio, Team, Gang, Freunde oder sich mit den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen begnügen. Klassischer Ablauf: Ein Verbrechen geschieht, die Kids sind auf irgendeine Weise involviert, ermitteln von sich aus, drehen der Polizei eine lange Nase und lösen den Fall mit Bravour. Trotzdem hebt sich TREFFPUNKT TATORT für mich deutlich von der Masse ab:
Es spielt hier in Deutschland, ist modern und vor allem alltäglich. Die Jugendlichen sind keine überzeichneten Charaktere (man denke z.B. an den Pummel, Computerfreak, durchtrainierten Helden und die pfiffige Tierfreundin), die immer ihrem Rollenklischee gerecht werden müssen. Sondern sie sind eben ganz normale Jugendliche, nicht überzeichnet aber dennoch ausgestattet mit Persönlichkeit und Charakter. Ihre Ermittlungsmethoden sind legal, realistisch und nachvollziehbar. Auch wirkt es nicht, als würden Erwachsene im Körper eines Kindes agieren, sondern ihre Verhaltensweisen, Schlussfolgerungen und Ermittlungsmethoden sind altersgerecht.
Klaus-Peter Wolf ist ein Autor, der junge Menschen ernst nimmt. Er beugt sich nicht gönnerhaft zu ihnen herab, sondern er spricht zu ihnen auf Augenhöhe, ohne sich dabei anzubiedern oder sich cool geben zu wollen. Ich denke, mit TREFFPUNKT TATORT kann man auch Lesemuffel an Bücher heranführen. Denn die Titel sind aus der Erlebniswelt der Zielgruppe geschrieben und bieten auch ohne erhobenen Zeigefinger sehr viel Stoff für Diskussionen.
Normalerweise schreibe ich immer darüber, wie ein Buch ist. Hier schreibe ich fast nur, was das Buch nicht ist. Das liegt einfach daran, dass ich Bücher dieses Genres normalerweise nicht rezensiere, weil sie alle gleich sind und ich den 150ten Band der Reihe nicht mehr vorstellen muss. Hier möchte ich jedoch darstellen, was anders ist, das geht eben ausschließlich durch Vergleiche. Aber gut, es wäre ja auch langweilig, wenn alle meine Rezensionen immer gleich gestrickt wären, oder? ;-)
HÖRBUCH
Ein paar Informationen noch zum Hörbuch: Klaus-Peter Wolf ist der Hauptsprecher, seine Stimme ist sehr angenehm, ich höre ihn gerne. Er liest sehr natürlich, als spräche er gerade statt einen Text abzulesen. Autorenlesungen sehe ich meistens skeptisch, in seinem Fall ist das jedoch ein deutlicher Gewinn für das Buch. Auch Maxi Wolf spricht im vierten Teil der Reihe. Ihre Stimme ist ebenfalls sehr gut für das Hörbuch geeignet. Eine szenische Lesung, bei der sich beide abwechseln, hätte mir allerdings gefallen. Ebenso sie als Sprecherin alleine. Hier jedoch wechselten sich die beiden ab, stellenweise mitten im Track, mitten im Absatz. So spricht also einmal der Mann, ein andermal die Frau die Rolle der Jugendlichen, was anfangs eher verwirrend ist: man neigt als Hörer dazu, bei wechselnden Stimmen diese mit bestimmten Charakteren zu assoziieren. Wenn nun also plötzlich ein Junge mit einer Frauenstimme spricht, ist das gewöhnungsbedürftig. Leider ein kleines Manko, an das man sich aber nach einigen Tracks gewöhnt und das man dann gut übergehen kann ...
FAZIT
Alles in allem kann ich TREFFPUNKT TATORT nur empfehlen, ob nun am Stück oder einen beliebigen Band. Ob nun als Jugendlicher oder als Erwachsener. Wer gerne Serien um jugendliche Detektive liest, der kommt an Klaus-Peter Wolf einfach nicht vorbei!
SaschaSalamander 21.02.2012, 09.38 | (0/0) Kommentare | PL
Elbenthal-Saga 01 - Die Hüterin Midgards
Svenya lebt auf der Straße, als sie plötzlich gejagt wird. Von Wölfen! Und dann wird sie entführt, man offenbart ihr, dass sie die Hüterin Midgards sei. Dazu gehört natürlich Unterricht in Strategie, Geschichte, Kriegskunst und vielen wichtigen Themen mehr. Bald ist es soweit, und Svenya soll ihre Prüfung ablegen, doch ist sie überhaupt bereit für diese Aufgabe? Welche verborgenen Kräfte schlummern wohl in ihr? Wer sind die Gegner, vor denen sie Midgard beschützen muss? Und warum darf sie nicht nach ihrer Herkunft oder ihren Vorgängern fragen?
AUFBAU
Die Geschichte beginnt mitten in einer actionreichen Szene und ist eine sehr gute Einstimmung auf den Rest des Buches. Von der ersten zur letzten Seite kommt man kaum dazu, Luft zu holen. Rasant wirbelt der Autor über die Seiten: nach der spannenden Einleitung, in welcher der Leser mit einem Lichtelb, einem Titanschwert, einem Interkom, verschiedenen Schusswaffen konfrontiert wird, schwingt der Focus auf Svenya, die wieder einmal auf der Flucht ist, ein sicheres Plätzchen sucht und ihr Leben auf der Straße für sich alleine meistern muss. Nach der Entführung im oberirdischen Dresden wird sie ins unterirdische Elbenthal gebracht, wo man ihr ihre neue Aufgabe als Hüterin erläutert. Zwischendurch gibt es einen Blick nach Aarhain, wo der gegnerische Laurin seine Ränke schmiedet.
Aber natürlich hat alles einen Haken, und dem unermesslichen Reichtum der Elben steht der goldene Käfig gegenüber, dem die neue Hüterin entfliehen will, und wieder wechselt der Schauplatz, wieder wird der Leser zu Lande, zu Wasser und in der Luft von einer Gefahr zur nächsten katapultiert. Trotz der Action bleibt das Buch übersichtlich, wirkt in keinem Moment überladen. Es ist gut gegliedert, die Kapitel sind sehr übersichtlich gestaltet. Durch das hübsche Drachenemblem und eine freie Seite wird der Leser eingeladen, einen Moment innezuhalten, aufzuatmen, und erst nach einem kurzen Moment der Ruhe weiterzulesen. Die Kapitel haben eine sehr angenehme Länge, sodass man zwischendurch gut unterbrechen kann, allerdings strotzt das Buch nur so vor Cliffhangern, sodass man eigentlich gar keine andere Wahl hat, als es am Stück zu lesen ;-)
MEHRTEILER
Das Buch ist der Auftakt einer mehrteiligen Saga. Dennoch ist die Geschichte in sich geschlossen und könnte bis auf einige offene Fragen sehr gut als Einzelwerk für sich stehen. Man muss also nicht frustriert auf die Fortsetzung warten, sondern kann getrost jetzt schon zugreifen und sich nach dem Schließen der Buchdeckel zufrieden zurücklehnen, ohne sich um das Ende betrogen zu fühlen.
Aber es wurden sehr viele Themen angeschnitten, die auf eine Fortsetzung drängen: eine Liebesgeschichte bahnt sich an, der Held ist vorerst geschlagen aber noch nicht endgültig vernichtet. Es gibt Andeutungen über die besondere Rolle der Hüterin, und auch eine offene Prophezeiung gibt Anlass zu interessanten Spekulationen. Und natürlich die große Frage nach dem Geheimnis um die Herkunft birgt noch sehr viel Potential für die folgenden Bände.
CHARAKTERE
Die ELBENTHAL-SAGA enthält sehr viele Charaktere, eine Auflistung der Personen wäre hilfreich gewesen. Nun, ich habe mir eben selbst eine erstellt während des Schreibens, habe auch einige Male darauf zurückgreifen müssen. Kann aber auch daran liegen, dass ich mit Namen eher ein Problem habe. Erst recht, wenn wie in diesem Buch die Namen bereits vorab mit einem Hintergrund besetzt sind: Hagen von Tronje, Alberich, Fafnir, Laurin und einige andere, sie bekommen neue Rollen zugewiesen, sind zwar den entsprechenden Figuren der Edda, Nibelungen oder Elbengeschichten entlehnt, werden jedoch in einen neuen (bzw alten, ursprünglichen) Kontext gestellt. Ich denke, Leser ohne entsprechenden Hintergrund haben sogar einen Vorteil, da sie das Buch unbedarft lesen und nicht eine zusätzliche Geschichte im Hinterkopf haben. Wer die entsprechenden Mythologien kennt, freut sich hier über eine Erzählung, die zurück zu den Anfängen geht und sich dadurch angenehm von den modernen, verwaschenen Fantasy-Erzählungen abhebt.
Ich habe die Charaktere allesamt sehr schnell lieb gewonnen. Ich hätte anders gehandelt. Und ich fand es nicht immer gut, was Svenya, Yrr, Hagen und Alberich getan haben. Aber es ist nachvollziehbar und verständlich. Ihre Persönlichkeit wurde hervorragend ausgearbeitet, sodass ich beim Lesen immer ein klares Bild der Person im Kopf hatte und auch die Handlungen vorhersagen konnte, da sie aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihrer Eigenheiten oft gar nicht anders handeln konnten.
Neben Menschen und Elben gibt es auch unzählige Wesen wie Gargoyles, einen Leviathan, pferdegroße Fledermäuse und andere Kreaturen. Ja sogar zwei magische Schwerter, die über eine eigene Persönlichkeit verfügen und denen eine tragende Rolle zuteil wird. Diese Idee fand ich sehr faszinierend, sie ist nicht neu aber noch recht unverbraucht.
Was mir ebenfalls gefiel: Elben gelten oft als hehres, edles Volk. Dabei übersehen manche, dass Elben ursprünglich arrogante Wesen sind, die sich ihrer Überlegenheit deutlich bewusst sind und dies andere spüren lassen. Eigentlich ist mir Schadenfreude fremd, doch hier habe ich mich diebisch gefreut, als Svenya die Elben mit ihren eigenen Waffen - spitzfindigen Worten - schlug und demütigte.
Die Protagonistin ist ein Charakter, mit dem wohl gerade viele Jugendliche und junge Erwachsene sich sehr gut identifizieren werden. Sie hat viel erleiden müssen, hat viele Schicksalsschläge erlebt, sie ist stark, mutig, strotzt vor Energie, doch ihre schlechten Erfahrungen ließen sie hart und kalt werden. Aber sie entwickelt sich im Laufe des Buches immer ein Stückchen weiter, bis am Ende kein unerfahrenes Mädchen mehr spricht, sondern eine junge Frau, die mit Würde und Stolz ihre Entscheidungen fällt und sich ihrer Verantwortung als Machtinhaberin bewusst ist. Diese Wandlung ist dem Autor sehr überzeugend gelungen.
SPRACHE
Die Sprache ist dem Buch in allen Punkten angemessen. Ivo Pala zeigt hier, wie er geschickt mit Worten jongliert: ein etwa 2000 Jahre alter Elb wird in anderen Worten geschildert als das 17jährige Mädchen von der Straße. Ein blutrünstiges Schwert, eine strahlende Elbenkriegerin, ein mächtiger Drache, ihnen allen legt er einen eigenen Wortschatz in den Mund, es ist stets klar zu erkennen, wer gerade spricht. Mal sind die Worte wohlfeil, gehoben und altertümlich, ein andermal lauernd und gefährlich, natürlich auch rotzig, frech und unerfahren. Und doch ist alles aus einem Guss, fügt sich nahtlos in einander, stehen ein gehobener Satz und eine dreiste Antwort auf zwei Zeilen gegenüber, ohne dass es abgehackt und künstlich klingt. Das Buch liest sich auch aufgrund der Formulierungen, des Satzbaus und der Wortwahl sehr flüssig, an manchen Stellen fliegt der Leser geradezu über die Seiten.
GESTALTUNG DES BUCHES
Normalerweise ist die Gestaltung eines Buches etwas, das ich nicht in eine Rezension einfließen lasse, da es für die Qualität des Buches irrelevant ist. Aber für den ersten Band der ELBENTHAL-SAGA möchte ich doch einige Worte darüber verlieren: Das Cover fällt mit seiner metallisch glänzenden Optik sofort ins Auge, das strahlende Blau passt hervorragend zur Atmosphäre des Buches, die Burg im Hintergrund vermittelt einen sehr schönen Eindruck der imposanten Festung. Die Heldin ist - was leider heutzutage bei Buchcovern selten geworden ist - bis auf eine Kleinigkeit exakt den Beschreibungen des Buches angepasst: Haare, Rüstung, Schwert, ja sogar Farben, alles stimmt mit dem Buch überein und ist wunderschön gelungen.
Wenn man das Buch aufschlägt, blickt man auf eine Landkarte, welche das Elbenreich von Leipzig über Meißen, Dresden, Freiberg, Chemnitz bis ins Fichtelgebirge und nach Tschechien hin aufzeigt, dazu ein wunderschönes Drachenemblem und hübsche Zeichnungen einzelner Festungen. Auch die Gliederung der einzelnen Kapitel ist sehr schön gestaltet mit besagtem Drachenemblem.
FAZIT
Bereits im ersten Satz wird der Leser in den Bann des Buches gesogen und kann sich bis zur letzten Seite nicht mehr entziehen. Ivo Pala hebt sich mit der ELBENTHAL - SAGA deutlich von anderen Büchern des Genres ab und bietet ein ganz besonderes Leseerlebnis, das man auf keinen Fall verpassen sollte!
SaschaSalamander 08.02.2012, 09.37 | (0/0) Kommentare | PL
Wie ein Flügelschlag
Nachdem mich >HOLUNDERMOND< bereits begeistert hatte, war ich sehr gespannt auf ihren Jugendkrimi WIE EIN FLÜGELSCHLAG. Jutta Wilke ist eine sehr aktive Autorin, die sich bei >Facebook< wie auch mit einem eigenen >Blog< präsentiert und gerne auf ihre Leser eingeht. Sie schreibt sehr viel über ihren Schreibprozess, verteilt kleine Appettithäppchen vor der Veröffentlichung, macht neugierig und zeigt sich vor allem sehr menschlich mit ihren Stärken und Schwächen. Normalerweise könnte ich ja jetzt ein wenig über ihre Person schreiben, aber - ach, das steht im Klappentext, bei Amazon, im Internet, im Blog, bei Facebook, wer neugierig ist, dem empfehle ich einfach, sie dort selbst kennenzulernen ;-)
INHALT
Jana hat aufgrund ihrer Leistungen als Schwimmerin ein Stipendium erhalten. Doch in der Klasse ist sie wenig anerkannt. Nur die von allen umschwärmte, beliebte Melanie freundet sich mit ihr an. Und dann wird Melanie eines Tages ermordet. Jana beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, sie will nicht glauben, dass ihre Freundin an Herzversagen starb, für sie deutet alles auf einen Mord hin. Doch sie stößt auf eine Mauer des Schweigens, kämpft scheinbar alleine, bis in dem Bruder Melanies endlich ein Verbündeter erscheint. Was die beiden herausfinden, würde einen Skandal verursachen. Und Skandale sind an dieser Schule unerwünscht, das bekommt Jana sehr hart zu spüren.
CHARAKTERE
Jutta Wilke ist ein wundervolles Charakterdesign gelungen. Das Buch ist in der Ich-Form aus Janas Sicht geschrieben. Dadurch erfährt der Leser sehr viel über die Beweggründe des verschlossenen Mädchens. Figuren, zu denen Jana einen starken positiven oder negativen Bezug hat, etwa ihr Trainer, ihre Mutter oder Mika, sind sehr deutlich beschrieben, wirken plastisch und dreidimensional. Randerscheinungen wie die Klassenkameraden oder der Schuldirekter verblassen dagegen, doch sie sind auch nicht wichtig. Was hervorragend gelungen ist, das ist die Darstellung des Täters. Ich muss zugeben, dass ich nicht aufgrund der Hinweise (die es nicht gab, zu geschickt ist die Intrige gewoben), sondern aufgrund der Erzählweise ihn / sie von Beginn an in Verdacht hatte.
Jana schildert ihre Welt so plastisch, dass man am liebsten in das Buch hineinkriechen möchte. Man möchte sich gegen den schrecklichen Trainer auflehnen, will ihm trotzen, hat aber doch Angst vor ihm, erkennt die Ausweglosigkeit gegenüber dieser Autoritätsperson. Janas Mutter ist ebenfalls eine sehr emotionsgeladene Figur, und immer wieder habe ich innerlich geschrien ob der Ungerechtigkeit, welche die Heldin erlebt. Ihre Mutter sorgt sich so wenig um ihre Tochter, ist sosehr gefangen in ihrer egozentrischen Welt, dass sie sogar die schreckliche Niederlage Janas als Festtag feiert, da diese Niederlage für sie nur Vorteile birgt, blind gegenüber dem Leid ihres eigenen Kindes.
Selten habe ich mich so intensiv in Figuren einfühlen können, mich so gut mit der Protagonistin identifiziert, sosehr die anderen Charaktere "real" erlebt, es hat mich aufgewühlt und bewegt.
AUFBAU
Das Buch beginnt mit einem klaren Satz: "Wenn ich hier fertig bin, bringe ich sie um". Da MUSS man ja weiterlesen. Man will ja schließlich wissen, wer sie sosehr verärgert hat. Auf neun Seiten erlebt der Leser, wie Jana über den Sportplatz joggt, frustriert, verärgert, gedemütigt, trotzig und willensstark. Schon auf diesen wenigen Seiten fühlt man sich ihr verbunden. Dann sieht sie die Tote. Und das erste Kapitel endet mit dem Satz "Und ich - habe sie umgebracht". Wie sollte man dieses Buch da bitte weglegen können?!?
Im nächsten Kapitel springt die Geschichte drei Wochen in die Vergangenheit. Jana erzählt, wie sie an die Schule kam, erzählt von den Trainings, dem Schulunterricht, der Theatergruppe, dem Mobbing durch die Mitschüler, und insbesondere von ihrer Freundschaft zu Melanie. Den Leser treibt die Frage, wie all dies zum Mord an Melanie geführt haben könnte und warum Jana Schuld daran trägt oder zu tragen glaubt. Und dann im letzten Teil ist Jana in der Gegenwart angekommen, der Leser versucht mit ihr die Hintergründe der Tat offenzulegen.
Und zwischen einzelnen Abschnitten finden sich gelegentlich Einschübe, geschrieben aus der Ich-Perspektive des Täters. Er platziert die Figuren wie Billardkugeln auf dem Spieltisch, stößt an, die Kugeln kommen ins Rollen, er beobachtet den Verlauf, man erahnt, dass er auf ein schreckliches Ende steuert, fragt sich während des Lesens immer wieder, wer diese Person sein könnte. Es gibt mehrere Verdächtige, aber wer von ihnen hätte wirklich einen Grund?
Das Motiv - das fand ich sehr schön: es gab - außer Hinweisen in der Erzählstruktur - keinen Hinweis auf den Täter, er spielte sein Spiel sehr geschickt. Bis zum Ende blieb das Motiv unklar. Trotzdem wirkt es am Ende weder "aus dem Hut gezaubert" noch "schnell irgendwie zu Ende gebracht", sondern man erkennt klar, dass es von Beginn an sehr gut durchdacht war.
Was mir ebenfalls sehr gut gefällt: das Buch hat nur 280 Seiten. Und mehr brauche ich nicht. Das genügt. Es scheint in Mode gekommen, Bücher unnötig aufzublähen. Fortsetzungen zu schreiben, sinnlose Füllsel einzufügen, einfach nur um ein größeres Werk zu veröffentlichen. Das hat Jutta Wilke nicht nötig. Sie packt in 280 Seiten sehr viel mehr als mancher Autor in die doppelte Seitenzahl. Kein Wort ist zuviel, keine Szene unnütz. Und doch ist das Buch komplett, ich habe nichts vermisst. Hier und da bleiben einzelne Fragen offen. Aber da es aus Janas Sicht geschrieben ist - ist das genau richtig. Denn Jana ist keine allwissende Erzählerin, sie kann nicht alles wissen, für sie ist der Fall abgeschlossen. Natürlich hätte ich gerne mehr gelesen - aber das hätte dem schlichten, präzisen Stil des Buches eher geschadet, und so bin ich froh, dass sich die Autorin auf das Wesentliche beschränkt hat.
SPRACHE
Trotz der wenigen Seiten ist das Buch in einer sehr malerischen Sprache gehalten. Die Metaphern sind wunderschön, sie scheinen zu glänzen, zeigen dem Leser das zerbrechliche Innere des nach außen so toughen Mädchens. Ich empfinde das Buch trotz des Genres Jugendkrimi und trotz des Mordes, trotz der Spannung als sehr still und sanft. Jana ist eine stille Person, sie kann sich nur schwer verteidigen, sie frisst vieles in sich hinein, ist kein Mensch großer Worte.
In kleinen Momentaufnahmen bekommen einzelne Figuren Leben eingehaucht, werden Orte wie der alte Friedhof, Janas Zuhause, die Schwimmhalle, das öffentliche Schwimmbad lebendig. Kleine Erwähnungen nur, die jedoch sofort vollständige Bilder vor dem inneren Auge entstehen lassen, alles wirkt greifbar und plastisch.
VERFILMUNG
Nein, eine Verfilmung ist natürlich noch nicht angedacht. Aber ich möchte es erwähnen: ich bin kein visueller Mensch. Meine Welt sind Worte, nicht die Bilder. Doch WIE EIN FLÜGELSCHLAG löste in mir sehr viele Bilder aus, so als hätte ich einen Film gesehen. Ich sehe jede einzelne Figur vor mir, kann einzelne Personen so exakt beschreiben, als würde ich sie persönlich kennen. Und ich sehe auch die Kulisse vor mir, der "Film" ist in hellen, fast blendenden Farben gehalten, sehr viel Weiß, Silber und Hellblau, gelegentlich durchzogen von schwarzen oder dunkelvioletten Elemnten / Accessoires. Der Film hat nur sehr wenige Dialoge, er basiert vor allem aus der Beobachtung durch Janas Augen, es gibt sehr viele Nahaufnahmen einzelner Gesichter. Verschlossene, kalte Gesichter der Mitschüler, Melanies leuchtende Maske, Janas Melancholie, der beinahe gebrochene Kampfgeist, ihr aufkeimender Überlebenswille. Die Musik ist ruhig, fließend, perlend, passend zum klaren Wasser, weitgehend instrumental. Und sehr viele Aufnahmen im Wasser, von Jana, die im Wasser "fliegt". Ich bin sicher, andere Leser werden andere Bilder gesehen haben, werden sich den Film anders vorstellen. Das ist gut so, denn die Autorin spricht mit ihren Worten sehr eindringlich archaische Gefühle an, die jeder auf seine Weise mit eigenen Erfahrungen verknüpft, sich auf seine ganz eigene Weise verbunden fühlt. Zu gerne würde ich einen Film sehen, erleben, wie andere Leser dieses Buch wahrgenommen haben.
FAZIT
Ein wunderbarer Jugendkrimi. Präzise, lyrisch und überaus bewegend. Die Autorin hat ihre Worte knapp und präzise gewählt, und jedes dieser Worte berührt den Leser im Inneren. WIE EIN FLÜGELSCHLAG bietet ein sehr emotionales Leseerlebnis, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!
SaschaSalamander 07.02.2012, 09.06 | (0/0) Kommentare | PL
Dustland 01 - Die Entführung
Saba lebt mit ihrer Familie abgelegen in der Wüste, als eines Tages Reiter kommen, ihren Vater töten und den Bruder entführen. Ihren Bruder Lugh, ihr Ein und Alles. Also gibt es für Saba nur eine Möglichkeit: sie muss sich auf den Weg machen und Lugh finden. Im Schlepptau hat sie ihre kleine Schwester, mit der sie kaum etwas anfangen kann, und immer wieder stellen sich ihr lästige bis sogar tödliche Hindernisse in den Weg. Sie findet auch Verbündete, die ihr bei der Befreiung des Bruders helfen wollen. Doch wem kann Saba überhaupt trauen?
RÜCKBLICKEND
Ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat und das ich dank meiner Lieblingssprecherin Laura Maire so flüssig gehört habe wie schon lange kein Hörbuch mehr. Es ist rund zwei Wochen her, dass ich das Buch beendet habe. Manche Titel bleiben sehr lange im Gedächtnis, und noch nach vielen Monaten könnte ich die Rezension schreiben, als wäre es gestern gewesen. Bei anderen Büchern habe ich schon nach wenigen Tagen Probleme, meine Gedanken zusammenzufassen. In diesem Fall ist zwar ein sehr gutes Gefühl geblieben, doch ohne die direkt nach dem Lesen geschriebenen Notizen wäre es mir wohl nun eher schwergefallen. Dies liegt wohl an den Schwächen des Buches, auf die ich nachher noch eingehen werde. Schade, denn im Grunde hat DUSTLAND mich sehr begeistert, und ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Aber es fehlt ein klein wenig "das gewisse Etwas", um es zu etwas Besonderem zu machen. Ein Buch, das volle Punktzahl bekommt, muss in mir "nachklingen", und das ist das einzige, was ich an DUSTLAND zu bemängeln habe: es klingt nicht nach in mir.
CHARAKTERE UND CHARAKTERENTWICKLUNG
Die Heldin Saba ist stark, mutig und charismatisch. Dies zu ihren guten Eigenschaften. Aber sie ist auch sehr egoistisch, unsozial und stur. Die Meinung anderer kümmert sie sehr wenig, und sogar zu ihrer eigenen kleinen Schwester ist sie anfangs rau und kalt. Einzig Lugh ist ihre Bezugsperson. In allem erwartet sie Angriff und Bosheit, kann sich nicht auf andere Menschen einlassen. Einerseits ist das verständlich, andererseits finde ich diesen Charakterzug auf Dauer sehr anstrengend.
Doch zum Glück zieht sich dies nicht bis zum Ende: die Charakterentwicklung in diesem Buch ist eine der großen Stärken. Saba und die anderen Beteiligten erfahren viele Dinge, die ihr Leben verändern. Diese Veränderungen geschehen nicht von heute auf morgen, sondern sie sind schrittweise langsam zu erahnen und werden erst nach und nach sichtbar. Besonders in der Beziehung zwischen Saba und ihrem Freund (nein, kein Spoiler, schon bei der ersten Begegnung spürt der Leser sofort, worauf es hinauslaufen wird) ist dies deutlich erkennbar. Während in anderen Büchern erst Abneigung herrscht und dann wie durch ein Wunder ein einzelnes Ereignis oder scheinbar über Nacht plötzlich Liebe entsteht (wie glaubwürdig *haha*), ist es hier wirklich ein langfristiger Prozess, in dem die beiden Protagonisten sich vorsichtig näherkommen, immer wieder kleine Rückschritte erleben und sich erst vorsichtig annähern müssen. Das Kribbeln zwischen den beiden ist spürbar und sehr angenehm, ist erfreulicherweise frei von Kitsch und Schmalz und vermag doch zu berühren.
Auch die Nebenfiguren sind sehr schön dargestellt. Je nach der Bedeutung für ihre Geschichte erhalten sie mehr oder weniger Gewicht.
SPRACHE, HÖRBUCH
Da ich das Hörbuch gehört habe, kann ich zur Sprache im Buch nichts sagen. Jedoch habe ich anderen Berichten entnommen, dass wohl auf Anführungszeichen verzichtet wird und sehr viel Umgangssprache geschrieben wird. Im Hörbuch fällt dies natürlich nicht auf. Was im Hörbuch jedoch auffällt, sind grammatikalische Patzer, die in einem normalen Buch ein NoGo wären, hier jedoch beabsichtigt sind. Trotzdem zuckte ich jedes Mal zusammen, wenn der Genitiv wieder einmal mit "vom" gebildet wurde oder dem Wörtchen "wegen" ein Akkusativ folgte. Diese beiden schmerzhaften Formulierungen gibt es sehr oft, hier und da fallen noch weitere Dinge auf, die jedoch dank Laura Maires angenehmer Erzählstimme und des flüssigen Vortrages kaum ins Gewicht fallen. Wer also Probleme mit der Schriftsprache in DUSTLAND hat, dem kann ich ganz klar das Hörbuch empfehlen
Laura Maire spricht wie gewohnt hervorragend. Für mich persönlich ist sie unter den Frauen das Gegenstück zu Rufus Beck. Natürlich kann sie ihre Stimme nicht ganz so extrem verstellen, aber sie legt ebensoviel Emotion und Subtext. Sie spricht nicht nur mit Worten, sondern auch mit Stimmungen, Betonungen, man hört den Sätzen an, dass hinter den Worten sehr viel mehr liegt als nur der ausgesprochene Sinn. Sie weint, lacht, tobt, schreit, fleht, beschimpft, bedroht und lässt die breite Palette ihres Könnens erleben. Die Figuren werden für den Hörer lebendig, ob nun das kleine Mädchen, die junge Frau, die erwachsene Kämpferin, der unter dem Pantoffel stehende Narr, das hinterhältige Weib, der arrogante Herrscher, der stolze Einzelkämpfer oder viele andere Personen, denen Laura eine eigene Persönlichkeit verleiht.
SCHWÄCHE DES BUCHES
Was ich sehr schade finde: es werden kaum Hintergründe erklärt. Das Buch ist klar eine Dystopie, schwimmt also auf der Welle von Titeln wie TRIBUTE VON PANEM und Co. Ich liebe dieses Genre, besonders weil Autoren sich kreativ mit möglichen Zukunftsvisionen auseinandersetzen und dabei realistische Bilder entwerfen von einem "was könnte sein". Hier allerdings bleibt dieser Aspekt sehr flach. Zwar gibt es immer wieder Andeutungen auf die Abwracker (das sind wohl wir, mit unserem "Technokram" und unseren Müllbergen), aber dabei bleibt es dann. Wie es dazu kam, warum die Welt des Buches so trostlos und leer ist, und welche gesellschaftlichen Strukturen sich daraus gebildet haben, das bleibt leider sehr blass. Es wirkt, als hätte die Autorin einfach eine nette Kulisse gesucht, ohne den Hintergrund hierfür auszumalen. Wäre es ein Manga, würde ich sagen, dass die Charaktere und Story toll sind, die Zeichnungen aber Details vermissen lassen, sodass alles etwas leer wirkt.
FAZIT
Das Buch ist eine Reihe, der erste Teil ist in sich sehr gut geschlossen, und man fiebert nun nicht mit einem fiesen Cliffhanger auf den nächsten Band. Trotzdem freue ich mich auf die Fortsetzung. Denn ich hoffe vor allem auf erklärende Hintergründe, die mir die Welt Sabas näherbringen und der Geschichte dadurch den Tiefgang verleihen, den sie eigentlich verdient hätte. Doch ohne diese Hintergründe ist es leider nur eine spannende Geschichte, die mich zwar grandios unterhalten, nicht jedoch komplett überzeugt hat.
SaschaSalamander 03.02.2012, 15.30 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Retrum
Christian verliert bei einem tragischen Unfall seinen älteren Bruder. Die Familie zerbricht, und nun lebt Christian bei seinem Vater. Eingeengt von der sorgenden Kontrolle des Vaters, erschöpft von der unverarbeiteten Trauer, todessehnsüchtig und des Lebens überdrüssig, und doch ein Jugendlicher mit Hoffnung und Lebenswille. Und da trifft er auf die Gruppe RETRUM, bestehend aus zwei Mädchen und einem Jungen, freundet sich mit ihnen an und wird nun zum Mitglied des "Ordens der Blassen". Sie treffen sich nachts auf dem Friedhof, tragen dunkle Gewänder. Tagsüber verbindet sie nur wenig. Doch Christian verliebt sich in eines der beiden Mädchen. Und dann ist da noch seine attraktive Klassenkameradin. Bei einem Urlaub mit RETRUM passiert etwas Schreckliches, das Christians Leben für immer verändern wird ...
GENRE
Das Buch wird als Thriller vermarktet, was ich nicht nachvollziehen kann. Ja, nach der Hälfte geschieht etwas, das den Begriff Thriller an sich rechtfertigt. Doch zum einen ist da das halbe Buch bereits eher gemächlich vergangen, und zum anderen bleibt der Erzählstil dennoch ruhig, fließend, erzählend statt spannend und thrillergerecht. Für einen Bildungsroman ist die erzählte Zeit wohl zu kurz, ansonsten fände ich diesen Begriff recht geeignet hierfür. Es wird sehr viel über Christian, seine Erlebnisse und die daraus resultierende Entwicklung erzählt. Der Junge muss seine Identität finden und sich klar werden, was er eigentlich möchte und was ihn vorantreibt. Er erkennt, dass Liebe nicht immer einfach ist und wie er mit Trauer umgehen kann ohne den Tod herbeizusehnen. RETRUM beleuchtet eine wichtige Episode seines Lebens, die ihn verändert und prägt.
CHARAKTERE
Leider finde ich die Charaktere alle etwas flach. Sogar der Protagonist bleibt an vielen Stellen undurchsichtig. Es stört mich nicht, wenn ein Charakter anders handelt als mein Logikempfinden dies verlangt, doch ich wünsche mir, dass der Autor mir dies nachvollziehbar beschreiben kann. Was hier leider nicht der Fall ist. Einige Male habe ich nur mit dem Kopf geschüttelt und mich gefragt, weshalb der Autor wichtige Punkte bei den Entscheidungen unbeachtet ließ. Warum die wichtigsten Dinge völlig außer Acht gelassen wurden.
Die Nebencharaktere bleiben weitgehend undeutlich. Sogar Alexia und Alba, die zwei Mädchen, die in seinem Leben eine große Rolle spielen, nehmen im Buch nur unbedeutende Nebenschauplätze ein. Man erfährt kaum etwas über sie, sie bleiben durchgehend blass. Von Christians Vater und den beiden anderen Mitgliedern Retrums sowie einem befreundetem Maler ganz zu schweigen (dessen Rolle am Ende ich zudem ziemlich "aus dem Hut gezogen" fand).
Schade, denn gerne hätte ich mehr über die Personen erfahren, mich in ihre Welt ziehen lassen und mit Christian gelitten. So jedoch hat mich das Schicksal der Einzelnen, ja nicht einmal ein tragischer Tod, sonderlich berührt.
ERZÄHLWEISE, AUFBAU
Die Erzählung beginnt sehr ruhig, angenehm fließend. Das Buch liest sich sehr flüssig. Auch, wenn bis zur Hälfte keine Spannung auftritt, ist man trotzdem schnell im Buch drin und verfolgt gerne das Erleben von Christian. Es muss nicht actionreich sein, auch gut erzählte Worte wissen zu überzeugen. Nachdem es dann im zweiten Teil bezüglich der Handlung an Spannung zunimmt, bleibt die Erzählweise dennoch ebenso ruhig. In meinen Augen zieht es sich ab diesem Moment sogar: denn mir war vom ersten Moment an klar, wer bzw was dahinterstecken muss, es deutete alles darauf hin. Dennoch dauerte es noch knapp eine CD, bis dann die "Auflösung" erfolgte und alles andere als überraschend war. Warum jedoch die Polizei nichts dazu beigetragen hatte und diese simple Tatsache nicht erkannt hatte, und warum trotz der gefährlichen Bedrohung Christian nicht mehr mit der Polizei zu tun hatte, das verstehe ich nicht.
Es zieht sich gegen Ende, denn man weiß, wer der Täter ist und was dahintersteckt. Doch Christian kommt nicht dahinter, bis er dann mit der Nase daraufgestoßen wird auf eine Weise, wo ich mir erneut dachte "na, das hätte man aber auch früher sagen können". Der Anfang der dritten CD fiel mir recht schwer, bis es gegen Ende dann wieder anzog und in zwei, drei Tracks dann abrupt beendet war. Zack, Ende, Aus, und jetzt ist es vorbei, man könnte zwar noch ein paar Sachen ergänzen zum Schluss, es abrunden, aber da kam nichts mehr.
HÖRBUCH
Ein weiteres Problem: das Hörbuch scheint mir sehr abgehackt. Ob dies an den Kürzungen liegt, um es auf 3 CDs zu bringen, oder ob der Autor tatsächlich so große Zeitsprünge macht, das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber immer wieder habe ich einen Track zurückgespult, weil ich dachte, dass ich irgend etwas Wichtiges verpasst hätte. Da arbeitet Christian noch in den Sommerferien, um Geld für seinen Urlaub zu verdienen, und wenige Sekunden später ist er schon fröhlich im Ausland auf einem Friedhof. Er findet seine Klassenkameradin nett und mehr nicht, und zack auf einmal ist sie attraktiv und anziehend. Da trifft er Retrum, trifft sie nach vielen Monaten wieder und die Zeit dazwischen wird einfach verschluckt. Mag sein, dass der Autor die entsprechenden Szenen als unwichtig erachtet, aber man sollte sie dennoch erwähnen, damit er Leser sich nicht so überrumpelt fühlt. Und falls es am Hörbuch liegt, hätte man etwas geschickter kürzen müssen oder in den sauren Apfel beißen und 4 CDs daraus machen.
Das Booklet beinhaltet eine Tracklist der Lieder, die Alexia für Christian auf Kassette aufgenommen hat. Tolle Idee. Leider der einzige Bonus. Ich freue mich immer über ausführliche Booklets mit ein wenig Hintergrundinfo. Nun gut, aber das ist kein Bewertungskriterium für die Qualität des Buches an sich.
Was ich positiv hervorheben möchte ist der Sprecher Robert Köhler. Es war das erste Mal, dass ich ihn hörte, und er hat mich schon von Beginn an überzeugt. Er passt hervorragend zur Rolle des melancholischen Protagonisten. Und auch sonst hat er eine äußerst angenehme Stimme, eine sehr gute Betonung. Seine Sprachmelodie, der Rhythmus, die Stimme, das fließt angenehm ins Ohr und schmeichelt besonders den weiblichen Hörern. Sehr gerne möchte ich mehr von ihm hören!
FAZIT
Die Geschichte hätte Potential zu mehr. Die Handlung ist im Kern spannend, und Christians Erleben trifft den Nerv vieler Jugendlicher und junger Erwachsener. Ich finde es sehr gut, dass hier auch eher ernste Themen aufgegriffen werden. Der Sprecher macht das Buch zu einem Genuss, auch wenn die Handlung stellenweise ein wenig krankt. Schlecht ist das Buch auf keinen Fall. Aber wirklich gut ist dann doch etwas anderes. Nettes Mittelmaß, keine Top-Empfehlung, aber davon abraten möchte ich auch nicht. Am besten einfach mal reinhören und sich eine eigene Meinung bilden :-)
SaschaSalamander 28.01.2012, 09.43 | (0/0) Kommentare | PL
Die Insel der besonderen Kinder
Jacob Portman hört als Kind von seinem Großvater spannende Geschichten von dem Heim, in welchem dieser früher lebte. Getarnt als Waisenhaus, in Wirklichkeit jedoch ein Zufluchtsort für Kinder mit besonderen Fähigkeiten. So etwa ein Mädchen, das Feuer kontrollieren kann, ein Geschwisterpaar kann Felsen stemmen, ein Junge vermag Leben zu nehmen und geben, ein anderes Mädchen kann schweben und derlei fantastische Dinge mehr. Natürlich wird Jacob älter und begreift immer mehr, dass die Erzählungen des Großvaters Metaphern waren, um seine Zeit als Kriegswaise zu verarbeiten. Doch eines Tages stirbt der Großvater, und Jacob hat ein Erlebnis, nach dem er an seinem Verstand zu zweifeln beginnt. Sind die alten Geschichten wirklich wahr?
Dies ist die Einleitung, und hier beginnt die eigentliche Geschichte. Unnötig zu erwähnen, dass die Geschichte natürlich wahr ist, sonst gäbe es das Buch nicht. Doch was dahintersteckt und wie sich dies auf Jacob auswirkt, das möchte ich nicht vorweggreifen. Nur soviel: im Zuge seiner Therapie will er sich nun endlich auf die Spuren seines Großvaters begeben und sucht die Insel auf. Doch vorerst findet er dort nur eine zerbombte Ruine ...
DIE INSEL DER BESONDEREN KINDER hat mich begeistert und fasziniert. Die Themen des Buches (aufgrund Spoiler benenne ich sie hier nicht) wurden für sich betrachtet schon sehr oft verarbeitet, in dieser form jedoch habe ich es noch nicht gelesen, und ich danke jedem Autor für kreative Ideen. Ungewöhnlich ist auch die Aufmachung des Buches: gleich dem Cover sind inmitten des Buches ganzseitige Fotos um die Zeit von 1940, die die alte Insel vor dem Auge des Lesers lebendig werden lassen. Es ist toll, wie Riggs die Geschichte und die (originalen, aus verschiedenen Sammlungen zusammengetragenen) die Originale zu einem Gesamtwerk verknüpft, das verleiht der Geschichte eine dichte Atmosphäre. Gruslig im Sinne von Horror ist das Buch nicht, aber einige Male bekam ich doch eine Gänsehaut, so stimmungsvoll ist die Handlung erzählt, so unheimlich und perfekt platziert sind die Fotos.
Der Erzählstil ist schmucklos und einfach, sehr angenehm. Jakob fungiert als Ich-Erzähler und beschreibt in schlichten Worten den Ablauf, ohne sich in unnötigen Details zu ergehen. Dadurch verschenkt der Autor leider die Möglichkeit, einzelnen Protagonisten etwas mehr Tiefe zu verleihen. Jakob trifft auf sehr viele Charaktere, und es ist angenehm, dass das Buch dennoch nicht auf unzählige Seiten aufgebläht wurde, sodass man die mangelnde Charaktertiefe verschmerzen kann. Da der Autor bereits an einer Fortsetzung arbeitet, gehe ich zudem davon aus, dass die wichtigsten Kinder im Laufe der Folgebände noch mehr Raum für ihre Darstellung erhalten werden.
Mit diesem Buch hat Riggs eine eigene kleine Welt erschaffen, unbemerkt von der unseren, mit eigenen Naturgesetzen und Wesen, und natürlich gibt es auch schaurige Feinde. Die erste Skizze (ein Phantombild, das von einem Polizeimitarbeiter anhand Jakobs Beschreibung angefertigt wird) sieht bereits sehr furchteinflößend aus.
Der erste Band ist in sich zwar geschlossen, lässt jedoch sehr viele Fragen offen ist und eindeutig nur der Auftakt zu einem großen Abenteuer, auf dessen Fortsetzungen ich schon sehr gespannt bin. Hoffentlich wird es nicht zu lange dauern bis zum nächsten Teil!
Eine sehr gute Empfehlung für alle Freunde von Jugendfantasy und -abenteuer. Schnell gelesen, macht hungrig auf mehr und lässt den Leser während der Lektüre tief in die fremde und doch so vertraute Welt eintauchen. Wer mit einem offenen Ende nicht umgehen kann, sollte allerdings auf die Fortsetzungen warten und dann alles am Stück genießen.
SaschaSalamander 16.11.2011, 19.49 | (0/0) Kommentare | PL
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