- 1. und letzter Satz
- Aktuelles
- Auf der Suche
- Autoren
- Awards
- Bento-Gäste
- Bento Galerie
- Bento Rezepte
- Bento Sonstiges
- Interview
- Bibliothek
- Blog
- Buchhandlung
- Doppelrezension
- Eure Beiträge
- Events
- Fragebogen
- Kahdors Vlog
- Kapitel
- MachMit
- Manga
- Mangatainment
- Notizen
- Oculus Quest
- Passwort
- Podcast
- Pulp
- Rätsel
- Rezensionen Buch
- Rezension Comic
- Rezensionen Film
- Rezensionen Hörbuch
- Rezensionen Hörspiel
- Rund um Bücher
- Rund um Filme
- Rezension Spiele
- Statistik
- TV Tipp
- Umfrage
- Vorgemerkt
- Web
- V-Gedanken
- V-Nürnberg
- V-Produkt
- V-Rezept
- V-Unterwegs
- Widmung
- Zerlegt
- Zitate
Blogeinträge (themensortiert)
Thema: Rezensionen Buch
Verbrechen und Schuld
Schirach ist Anwalt, und als solcher erlebt er so manche kuriosen Dinge. Manche davon einfach nur schräg. Einige schockierend, andere traurig, haarsträubend. Es ist einer der Berufe, in denen man wohl oft hört "mensch, mit Deinen Erfahrungen müsstest Du glatt mal ein Buch schreiben". Und er hat es getan. Mit Erfolg, wie die Verkaufszahlen und Bestsellerlisten beweisen.
Die Bücher beinhalten Geschichten von Kriminalfällen, die ihm während seines Berufslebens über den Weg gelaufen sind. So erzählt er beispielsweise von einem Mann, welcher Jahrzehnte von einer Ehefrau gedemütigt wurde, sie dennoch liebte, hatte er ihr doch ein Versprechen bei der Hochzeit gegeben. Doch eines Tages war es dann zuviel, und er tat, was sein Umfeld und nun auch der Leser nachvollziehen können. Er beschreibt die Geschichte eines jungen Pärchens, welches auf der Straße lebt und am Heiligen Abend von einem älteren Herren in seine Wohnung eingeladen wird, damit er nicht so alleine ist. Doch der Herr hat andere Interessen, und der Junge verteidigt seine Freundin. Schirach schildert, wie eine junge Bedienung auf dem Volksfest von einer gesamten Musikgruppe hinter der Bühne vergewaltigt wird, an der Tat gibt es keine Zweifel, doch eine Verurteilung der Täter ist nicht möglich.
Die Geschichten sind ergreifend, und man sollte sie einzeln lesen statt am Stück zu verschlingen, so groß die Versuchung auch sein mag. Aber sie müssen nachwirken, man muss sie verdauen. Es dürfte für die meisten Leser nicht leicht sein, die Geschichte eines brutalen Mordes zu lesen und dann feststellen zu müssen, dass sie mit dem Täter sympathisieren. Oder dass zwar ein schlimmes Verbrechen geschehen ist, dass es jedoch nicht möglich ist, dieses zu sühnen. Das ist eine Erfahrung, die verdaut werden muss, die gängige Moralvorstellungen über den Haufen wirft und unbedingt ihre Zeit braucht, um zu wirken.
In seinem Schreibstil ist Schirach sehr schlicht. Manche Geschichten sind gerade einmal zwei, drei Seiten "lang" (diese übrigens eine, die mich am allermeisten bewegte: ein Autounfall mit tödlichem Ausgang). Er schreibt nicht nur schlicht über die Tat an sich, er schreibt auch eine Vorgeschichte. Und dabei ist er sehr geschickt. Er nennt viele kleine Details, spielt mit Farben und Gerüchen, nennt Alltagsgegenstände, die klarmachen "der Täter könnte einer von uns sein, auch er ist nur ein Mensch". Man fühlt sich in die Figuren ein, man meint neben ihnen zu stehen, wenn sie die Tat begehen.
Sehr oft bin ich im Internet dem Vorwurf begegnet, Schirach hätte sich die Geschichten nur ausgedacht, so ein Unsinn oder so eine verquere Sache gäbe es nicht. Nein, dem widerspreche ich. Denn ich habe in meinem Job schon die kuriosesten Sachen gesehen. Wer Krimis nur aus dem Fernsehen kennt, kann sich vielleicht nicht vorstellen, wie schräg es in der Realität tatsächlich sein kann. Aber so ist es: die verrücktesten Geschichten schreibt noch immer das Leben. Wie oft haben meine Kollegen und ich schon gesagt "mensch, wir müssten mal ein Buch schreiben". Ob uns allerdings jemand glauben würde, was wir da erzählen? (Dass er die Namen abändert und manche Details weglässt oder ergänzt, steht außer Frage, allein schon aus Gründen der Schweigepflicht)
Ich denke, das Buch ist ein Angriff auf die Ethik und Moral derjenigen Menschen, die nicht wahrhaben wollen, dass Gut und Böse nicht immer klar definiert sind. Es ist ein Affront gegen unser "Wissen" um Gerechtigkeit und Sühne. Dieses Buch bewegt etwas in den Lesern, und das tut verdammt weh. Aber es lohnt sich, denn nach der Lektüre ist man ein Stück gereift, wenn man dazu bereit ist.
Gerne empfehle ich es Leuten, die mich über meine Arbeit ausfragen und wissen wollen, wie das so ist. Und allen, die bereit sind, sich aufgeschlossen mit den Themen VERBRECHEN und SCHULD zu befassen.
SaschaSalamander 25.02.2011, 10.04 | (0/0) Kommentare | PL
Im Kühlfach nebenan
Marlene? Genau! Pascha hat nämlich Gesellschaft bekommen. Bei einem Brand im benachbarten Kloster wurde eine Nonne sehr schwer verletzt, eine andere kam zu Tode. Marlene. Und die kann mit Pascha Kontakt aufnehmen. Leider jedoch nicht mit Martin oder anderen Menschen. Außerdem ist so ein Pinguin nun das Allerletzte, was Pascha sich als Gesellschaft gewünscht hatte! Wenigstens bringt Marlene einen neuen Fall mit, denn der Brand scheint kein Unfall gewesen zu sein, es hat jemand nachgeholfen.
Wie schon der erste Band ist auch der zweite einfach genial. Die Idee ist noch frisch, die Sprüche sind zwar inzwischen bekannt (voll peino, total depriletto, etwas riffeln, usw), aber noch immer witzig. Und Marlene bietet ein hervorragendes Gegenstück sowohl zu dem sprüden Martin als auch zu dem rotzigen Pascha. Gut, sie betet und scheint anfangs recht heilig, aber recht bald erkennt man, dass Marlene schon damals mehr unter ihrer Kutte zu verbergen hatte, als man ihr ansah. Sie hat es faustdick hinter den Ohren und wird eine hervorragende Verbündete im Kampf gegen das Böse.
Die Szene gegen Ende, in der beide gemeinsam den Übeltäter mürbe machen und ihn mit Telefonterror und anderen techschnischen Spielereien quälen, ist einfach köstlich! Denn Pascha hat inzwischen gelernt, manche technischen Geräte zu beherrschen, und Martin hat unterschiedliche Abwehrmechanismen gegen Geister gebastelt, und zusammen treiben sie sich immer weiter voran in ihrem elektromagnetischen Know-How. Und Marlene zeigt, dass Nonne zu sein nicht zwangsläufig bedeutet, fernab von Technik und Realität zu leben.
Wohin es sich entwickelt, kann man sich zwar anfangs denken, aber es gibt dann auf einmsal sehr viele "roten Heringe", falsche Hinweise, und es ist der Autorin super gelungen, verschiedene Themen anzuschneiden und zu vermischen. In dieser Hinsicht hat sie sich eindeutig gesteigert zum ersten Band, der Krimi ist hier nicht mehr nur Nebensache, sondern absoluter Pageturner. Wirtschaftsverbrechen und Baugrundstücke. Ein ordentlicher Versicherungsbetrug. Rassismus und rechte Politik. Prostitution, Obdachlosigkeit und Randgruppen. Viele Motive, die angeschnitten werden, sehr viele mögliche Täter. Ein herrliches Verwirrspiel, das den Leser von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt.
Wer Pascha nicht kennt, der hat etwas verpasst!
SaschaSalamander 21.02.2011, 09.57 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Schneewittchen muss sterben
SCHNEEWITTCHEN MUSS STERBEN war nun also mein erster Roman von Nele Neuhaus. Man kam ja quasi gar nicht an dem Buch vorbei, überall prangte das Cover, ob im Internet oder in den Buchläden, ob durch Empfehlungen von Freunden. Also gut, ich habe es gelesen. Und ich war recht angetan, habe es sehr schnell beendet und die anderen parallelen Titel in der Zwischenzeit liegenlassen.
Zugegeben ist es anfangs schon recht verwirrend mit all den Personen, die vorgestellt werden. Der Leser lernt nicht nur Tobias Familie und Freunde kennen, sondern er wird auch gleich in die komplette Dorfgemeinschaft eingeführt, und die ist nicht gerade klein. Da muss man anfangs schon recht aufmerksam lesen, wenn man den Überblick behalten möchte. Wäre es einfach nur ein stilistisches Mittel, wäre dies für mich sogar fast schon ein Kritikpunkt, weil es recht bald unübersichtlich wird. Da jedoch alle in die Handlung des Romans verknüpft sind und jeder auf seine Weise einen bedeutenden Beitrag zum Fortgang der Geschichte liefert, finde ich es dagegen gekonnt umgesetzt. Durch die vielen Personen erhält der Roman sehr viel Dichte, es gibt sehr viele verstrickte Zusammenhänge, und es ist während des Lesens immer wieder ein tolles Aha-Erlebnis, wenn man langsam zu verstehen glaubt, was damals passiert sein könnte. Und dann wieder eine Wende, ein neuer Hinweis, und alles wandelt sich, drängt in eine neue Richtung, nur noch dieses eine Kapitel, dann habe ich Klarheit, kann das Buch weglegen und erst morgen weiterlesen, oh nein doch nicht, ein neuer Cliffhanger, dieses eine Kapitel noch, ...
und so geht es nonstop, das Buch ist weder actionreich noch hektisch, und doch wird dem Leser kaum Zeit gelassen zum Durchatmen, schon geht es wieder weiter, noch spannender als im Kapitel zuvor. Ich denke, allzu lange darf man den Roman nicht liegenlassen, nicht auf zu viele Tage verteilen (falls man mehrere Bücher zugleich liest), denn sonst wird es unübersichtlich. Es ist ein Buch, das man möglichst zügig lesen sollte, um nicht den Faden zu verlieren.
Das Hörbuch ist stark gekürzt, zum Glück habe ich das Buch gelesen. Ich kann nicht beurteilen, wie stark das Hörbuch gekürzt ist, aber in diesem Fall haben alle Figuren und Aktionen ihren Sinn und führen die Handlung hin zum Showdown. Etwas auszulassen würde bedeuten, das Gesamtbild um wichtige Details zu kürzen und möglicherweise das Verständnis zu erschweren. Hier rate ich also dazu, unbedingt das Buch zur Hand zu nehmen und die Finger von den CDs zu lassen.
Die Charaktere sind sehr realistisch beschrieben, deren Leben wirkt nicht künstlich konstruiert, sondern lebensnah und echt. Manche Autoren lassen ihre Protagonisten zu tragischen Helden werden, die alle nur erdenklichen Makel haben und Schicksale erleiden. Das Polizistenteam, der junge Strafentlassene, seine Familie, seine Freundin, sie alle wirken dagegen nicht überladen, sondern ganz natürlich. Als wären sie der Nachbarschaft entsprungen und realen Personen nachempfunden. Dadurch gelingt es sehr leicht, tief in den Roman einzutauchen und sich zu fühlen, als wäre man mittendrin, als würde man die Leute persönlich kennen.
Ach ja: es ist ein Regionalkrimi (scheinen aktuell ganz groß im Kommen, inzwischen wird man damit ja regelrecht überhäuft) aus dem Taunus. Da ich diese Region nicht kenne, kann ich diesen Aspekt natürlich nicht beurteilen. Auf jeden Fall finde ich es gut, dass der Roman auch ohne diesen Aspekt sehr gut lesbar ist und man nicht mit Lokalkolorit überrannt wird aber dennoch nette Einblicke erhält.
Fans deutscher Krimis, die Nele Neuhaus noch nicht kennen, sollten auf jeden Fall zugreifen und sich von ihr mitreißen lassen. Ich selbst jedenfalls bin mir sicher, dass dies nicht mein letzter Roman von ihr war und halte bereits Ausschau, welchen davon ich als nächstes zu mir nehmen sollte.
SaschaSalamander 17.02.2011, 09.21 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Das Hamster-Massaker
Ach, das war ein toller Vormittag! Ich habe das Buch angelesen, und weil ich es so witzig fand, habe ich meinem Freund kurz eine Stelle daraus erzählt. Und als er kurz darauf fragte, warum ich lachte, erzählte ich ihm die nächste Szene. Noch eine Szene. Noch eine. Und dann wollte er, dass ich ihm das Buch vorlese. Nagut, also habe ich das Buch vorgelesen, dazu eignet es sich hervorragend, nicht nur für Kinder ;-) So saßen wir also zusammen am Tisch, ich habe aus dem großen Hamster-Massaker vorgelesen, und wir haben zusammen gelacht und einmal sogar fast geweint bei der traurigen Beerdigungsszene.
Was mir auffiel, ist der witzige Schreibstil, auf jeder Seite gab es mehrere Szenen, die ich meinem Freund erst erzählte und später vorlesen sollte, die Gedankengänge sind kindlich schlüssig, die Charaktere absolut liebenswert. Das Hamster-Massaker ist eigentlich eher nebensächlich, denn bevor es überhaupt dazu kommt, dass die Kinder Hamster besitzen dürfen, ist das Buch schon fast zu Ende. Vielmehr geht es um die Freundschaft mit dem gleichaltrigen Nachbarmädchen Susanne (und natürlich auch den Streit ab und zu), um Susannes wütenden Vater, um die kranke Oma, die neue Katze, um ein missglücktes Gebet in der Sonntagsschule, schrullige Nachbarn, einen Schulaufsatz, den komischen Joey von der Straße weiter unten und sein neues Kaninchen. Und um ganz viele Kekse. Eine wirkliche "Aufklärung" es "Mordfalles" gibt es nicht, denn wie Kinder eben sind, irgendwann ist das Thema beendet, und dann nimmt man die Dinge eben so hin, wie sie sind. Vermutlich hatte die Tierärztin doch recht, ...
Besonders gelungen finde ich die grafische Darstellung einiger Textpassagen, und natürlich auch dazu die passenden Zeichnungen, die den Inhalt treffend verbildlichen. Aber besonders gefiel es mir, wie Dinge dargestellt wurden. So ist Anna in einer Szene in einem Schrank eingesperrt, es ist dunkel, und die gesamte Seite des Buches ist in Schwarz gehalten, umrahmt von einem großen Schrank. Wenn Susannes Vater schreit, dann sind die Buchstaben laut und brüllen dem Leser regelrecht selbst ins Gesicht. Die Wörterbuchpassagen sind als eingeklebte Notizzettel dargestellt, und die Skizzen der Kinder über ihren Plan zur Aufdeckung des schlimmen Massakers dürfen natürlich nicht fehlen. Als ich das Buch meinem Freund vorlas, musste ich immer wieder unterbrechen, um ihm die niedlichen Bilder bzw die witzige Darstellung der aktuellen Szene zu zeigen.
Und so lustig das Buch ist, so hat es auch seine traurigen Momente. Zugegeben, die Beerdigungsszene ging zu Herzen, und ich musste richtig schlucken. Gerade durch die kindliche Schlichheit und Ehrlichkeit war es bewegend und wurde verständlich, warum wir für solch wichtigen Themen Rituale brauchen, um uns von einem geliebten Mensch oder Tier zu verabschieden. Ich bin sicher, wer leicht zu Tränchen neigt bei Filmen und Büchern wird zwischen all den vielen Lachern und der Freude in dem Buch auch das Wasser in den Augen stehen haben. Oder einen dicken Kloß im Hals, als Anna und Susanne sich streiten, ob sie nun mit den Hamstern spielen oder lieber das neue Fahrrad bewundern wollen.
Ein wirklich gelungenes Kinderbuch, das ich allen kindgebliebenen Erwachsenen empfehlen kann, die gerne lachen und die Welt nicht nur aus den verbohrten Augen eines Erwachsenen sehen. Allen, die gerne lachen, Spaß haben und sich an einfachen Dingen freuen können, ohne ständig in allem einen tieferen Sinn entdecken zu müssen. Manchmal ist der Weg das Ziel, und das vermittelt dieses Buch auf kindliche, humorvolle Weise.
SaschaSalamander 16.02.2011, 14.52 | (0/0) Kommentare | PL
Boy 7
Eine Autorin, die ich noch nicht kannte. Ein Titel, von dem ich noch nichts gehört hatte. Umso mehr war ich gespannt, was mich bei BOY 7 erwarten würde. Und ich wurde nicht enttäuscht. Ein packender Jugendthriller, solide und klassisch aufgebaut. In der Handlung wenig überraschend, dafür aber sehr gut umgesetzt und mitreißend geschrieben.
Bevor der Junge, der sich selbst Boy 7 nennt, einen ersten brauchbaren Hinweis erhält und nun mehr über seine Vergangenheit erfährt, zieht sich die Handlung ein wenig in die Länge, hier hätte man gut etwas kürzen können. Trotzdem ist der Leser stets dabei und bangt mit Boy mit, was er wohl finden mag, wenn er den einzelnen kleinen Hinweisen in seinem Rucksack nachgeht. Auch ist es spannend zu verfolgen, ob der andere Gast der Pension oder das freundliche Mädchen ihm wohlgesonnen sind oder möglicherweise in einer breit angelegten Verschwörung stecken. Hat Boy 7 langsam Wahnvorstellungen, fühlt er sich zu Unrecht verfolgt? Oder gibt es tatsächlich jemanden, der ihm auflauert?
Als es dann endlich soweit ist, als Boy und der Leser dann endlich erfahren, woher er kommt, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen und ist regelrecht gezwungen, das Buch in einem Rutsch zu beenden. Immer neue kleine Schnipsel erfährt er, die seine gegenwärtige Situation erklären, und es wird klar, dass es auf ein ganz großes Finale hinauslaufen wird.
Stellenweise musste ich ein wenig an einen Roman von Morton Rhue denken (aus Spoilergründen nenne ich besser nicht den Titel). Morton schreibt etwas bissiger, sein Roman wirkt etwas realistischer und bedrohlicher, doch die Brisanz und Tragweite des Themas wird von Mirjam Mous ebenso gut eingefangen, und das Buch ist ebenso spannend. Wer die Bücher von Rhue mag, wird von BOY 7 ebenso begeistert sein.
Ein prima Buch für zwischendurch, ideal sogar für Lesemuffel, die sonst eher selten zu Büchern greifen: einfach und flüssig geschrieben, eine mitreißende Story, ein spannendes Geheimnis, eine großangelegte Verschwörung, ein sympathischer Held als Identifikationsfigur. Und zuletzt ein Finale, nach dem man sich endlich zufrieden zurücklehnen kann ...
SaschaSalamander 14.02.2011, 10.15 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Evil
Nun, "nur ein Roman" stimmt zumindest so nicht. Denn 1965 spielte es sich in ähnlicher Form in Amerika ab und ist weltweit bekannt als der >"Mordfall Syvia Likens"<. Erst bei Recherchen zu diesem Buch stieß ich auf diese grausige Begebenheit, und nach der Lektüre des Buches ist klar, dass der Autor sich auch an diesem Fall orientierte.
Vor dem Lesen findet sich ein Vorwort von Stephen King. Äußerst interessant, allerdings ein riesiger Spoiler, der am Ende vermutlich besser aufgehoben wäre. Andererseits, mir selbst fiel das Lesen leichter mit dem Wissen um das, was King erwähnt hatte, denn völlig ahnungslos in das Buch hineinzurutschen wäre heftig gewesen. Anfangs dachte ich ja wirklich, King übertreibt, wenn er vom unvorstellbaren Grauen etc spricht, andere ähnlich gepriesene Bücher sind dann doch nur "normaler" Horror und wurden höher gelobt als eigentlich notwendig. Dieses hier wurde nicht gelobt, eher beschrieben. Um den Leser vorzubereiten auf das, was ihn bei EVIL erwarten wird.
Ein Junge, der Protagonist, spielt am Bach. Es wird erzählt von seinen Freunden, dem Leben im Ort, den Nachbarn, den harmlosen Jungenstreichen. Flusskrebse am Bach, Sommerferien. Typisches Setting, wie man es von amerikanischem Horror kennt, möglichst harmlos und allgegenwärtig, bevor es sich dann wendet. Die Kinder spielen ein Spiel, in welchem eine Person sich verteidigen muss, in der Regel eingefangen wird und dann als "Kriegsgefangener" allen möglichen "Quälereien" und Neckereien ausgesetzt ist, vom Kitzeln über Schläge und auch Schmerzen, jedoch weitgehend im Rahmen kindlicher Neugier, die auch einmal sexuelle Grenzen übergreift, wenn Jungs und Mädchen neugierig aufeinander werden.
Und eines Tages am Bach begegnet der Junge einem Mädchen, das neu im Ort ist. sie und ihre kleine Schwester wohnen seit dem Tod der Eltern nun bei der Tante. Anfangs nur ungeliebte Gäste, artet dieser Unmut immer weiter aus. Die Tante ärgert sich über die zusätzliche Arbeit, das teure Essen, lässt ihren Ärger immer weiter an den Kindern aus. Bis die Situation eines Tages eskaliert und sie sich das Spiel der Kinder zum Vorbild nimmt, um die Mädchen immer weiter zu quälen.
Ich möchte hier nicht ins Detail gehen. Weniger um die Spannung aufrecht zu erhalten, denn die wird auf jeden Fall vorhanden sein. Sondern vielmehr, weil ich es kaum in Worte zu fassen vermag. Das Buch ist abstoßend, widerlich, eklig, grauenhaft, unerträglich, und ich kann jeden verstehen, der es abgebrochen hat. Auch ich habe viele Szenen übersprungen oder lediglich quergelesen, weil ich es kaum aushalten konnte. Es schüttelte mich, und ich wollte mir das Ganze gar nicht bildlich vorstellen.
Das Faszinierende jedoch: wer jetzt denkt, dass der Autor blutrünstig schreiben würde oder den Horror en detail zelebrieren würde, der irrt. Und das war auch der Grund, dass ich das Buch dennoch beenden konnte. Ketchum deutet oft nur an, etwa indem er Spuren beschreibt statt die Vorgänge zu deren Entstehung. Er lässt den Protagonisten und somit auch Leser erst dann dazustoßen, wenn die anderen ihr widerwärtiges Tun bereits abgeschlossen haben. Und ähnliche Kniffe mehr, sodass die wirklich grausigen Anteile nicht ausgeführt werden. Dennoch ist das, was man liest, schlimm genug.
Doch, ich bin viel gewohnt. Aus den unterschiedlichsten Genres. Und ich kann sagen, dass ich eine Menge wegstecken kann. Aber bei diesem Buch stieß ich tatsächlich an meine Grenzen.
Ich möchte bei diesem Buch nicht von "gut" oder "schlecht" reden, kann es schwer in diesen sonst üblichen Kategorien bewerten. Auch kann man nicht reden von "gefiel" oder "gefiel nicht". Sondern es ist ein schockierendes Buch, das eigentlich nicht in die Rubrik Horror gehört (was ja in der Regel übersinnlich ist oder stark unrealistisch und überdramatisiert). Vielmehr wäre es wohl "Schicksal" oder "Drama", doch dazu ist es eben "nur" die fiktionale Beschreibung, wie es gewesen sein könnte statt einer realen Berichterstattung über das, was damals war.
Am Ende folgt nun eigentlich die Zusammenfassung oder eine Empfehlung, aber das kann ich diesmal nicht. Was sollte ich schreiben? Nein, ich weiß es nicht. Ich empfehle es nicht, denn es ist schrecklich, und auch ohne Lektüre des Buches erahnt man die Qualen eines misshandelten Kindes. Und ich rate auch nicht davon ab, denn es ist für sich betrachtet ein kleines Meisterwerk, da es im Gegensatz zu den meisten "normalen" Horrorromanen wirklich tief berührt und bewegt. Ich schreibe nicht über EVIL, um es zu empfehlen, sondern nur, um es Euch vorzustellen.
Und besonders freue ich mich über Kommentare von denen, welche das Buch bereits gelesen haben. Wie fandet Ihr es? Wie ging es Euch währenddessen und danach?
SaschaSalamander 04.02.2011, 10.12 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL
Ach so
Nun habe ich gesehen, dass er kürzlich das Buch ACH SO auf den Markt gebracht hat, und ein Jahr davor SONST NOCH FRAGEN. Also habe ich mir doch das aktuellere, ACH SO, geschnappt und reingelesen. Und anfangs war ich recht begeistert, dann legte es sich etwas, und jetzt gegen Ende schüttele ich eher mit dem Kopf. Ich bin ehrlich gesagt enttäuscht!
Anfangs werden interessante Fragen sehr gut verständlich erklärt. Gut, wenn es in mein Fachgebiet (Soziales, Psychologie etc) geht, dann muss ich lächeln, weil ich merke, wieviel eigentlich in der Erklärung fehlt. Aber er hat es ja selbst gesagt: es ist verdammt schwer, ein komplexes Thema in wenigen Seiten einfach zu erklären ohne der Versuchung zu erliegen, immer tiefer ins Detail zu gehen. Und wenn ich gerade bei den physikalischen Sachen erleichtert aufseufze, weil ich glaube endlich ein wenig begriffen zu haben, mögen Fachleute wohl denken, dass da die Hälfte fehlt und er grad mal die Oberfläche minimal angekratzt hat. Aber eben perfekt für den Laien. Daher erwarte ich gar nicht, dass irgend etwas vollständig oder umfassend ist. Das, was den Leser interessiert, kann er sich herauspicken und gerne mehr darüber lesen, vielleicht ein Fachbuch kaufen und sich auf diese Weise neu in die Materie einarbeiten. Ideal, und gerade für diese Dinge liebe ich Yogeshwar und seine Kollegen.
Wie funktioniert ein Spiegel? Warum braucht der Eierkocher weniger Wasser, je mehr Eier darin sind? Warum verändert sich der Ton (Löffel gegen Tasse) beim Umrühren? Wie funktioniert Popcorn? Warum kann Mehl explodieren? Warum bekommt ein Specht keine Kopfschmerzen? Wie berechnet man die Meereshöhe? Wie funktioniert eine Fata Morgana? Hochspannende Fragen, und hinter manchen steckt eine ganz simple Lösung, hinter anderen hochgradig komplizierte Zusammenhänge. Seit ich jetzt weiß, welch unzählige Faktoren dafür verantwortlich sind, ob und wie hart das Ei beim Kochen wird, mache ich mir kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich das perfekte halbharte Ei nicht hinbekomme. So ein simpler Vorgang (Ei hartkochen), und solch verwirrenden Formeln und Fakten!
Aber gegen Ende wurde ich recht frustriert. Der Autor stellt viele Fragen, auf die er dann zwar keine Antwort gibt, wo er jedoch mahnend den Zeigefinger gegen unsere Gesellschaft erhebt. Er stellt die Frage "warum sind Computerspiele so gefährlich anziehend" und erzählt auf ein paar Seiten, dass die Kinder immer mehr in Computerspielen versinken und die Medienkompetenz der Eltern sinkt. Eine Antwort gibt er nicht (kann man auch nicht, das ist nichts, das man mit Wissenschaft und Formeln berechnen kann), aber mahnen und Zeigefingerchen wackeln geht. Auf die Frage "warum übertreiben wir ständig" beschwert er sich, dass alles mega, giga, super sein muss, dass es Rekorde über Rekorde gibt, ob nun im Jahrhundertsturm, beim heißesten Tag des Jahres, bei den neuen SuperStars oder sonstwo. Ja, das stört mich auch, aber das hat für mich nichts mit Physik und Formeln zu tun, und auf die psychologische Seite geht er nicht ein (außer, dass er meint, die Medien wollen sich gegenseitig übertrumpfen, weil sie sonst nicht gehört würden. Aber das kann jeder Laie auch ohne jegliche Kenntnis sagen). Er stellt eine Frage, um dann ein paar Seiten lang über die Gesellschaft zu mahnen. Er fragt "lernen wir in der Schule fürs Leben" und erzählt, dass er das Schulsystem für die kindliche Neugier eher hinderlich hält, weil Leistung als wichtiger gilt denn Neugier und Forscherdrang. Früher konnte man experimentieren, heute wird das alles geblockt. Früher war eben alles besser!
Ich stimme ihn in vielen Punkten zu. Aber ich wollte gerne ein Buch, welches wissenschaftliche Themen erklärt. Und keines, in welchem mir aufgezeigt wird, was ihn an der Gesellschaft stört. Das wäre Thema für ein eigenes Buch gewesen, aber eines mit komplett anderem Inhalt. Ich meine, klar schmeckt selbstgemachte Konfitüre besser, weil man sich die Zeit für das Pflücken, Waschen, Entkernen, Aufkochen, Eingießen, Abkühlen nehmen muss und es somit besser zu schätzen weiß, als wenn man sich für 70 Cent ein Plastikdöschen mit Marmelade kauft. Das hat für mich nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern das ist Gesellschaftskritik, und das ist ein anderes Buch.
Erste Hälfte des Buches: in Anbetracht der Tatsache, dass es für Laien geschrieben ist, absolut Top und sehr zu empfehlen. Als Fachmann sollte man wohl nicht herangehen, aber dafür ist es ja auch nicht gedacht. Für Interessierte jedenfalls absolut klasse, es macht Lust auf mehr und regt den Leser an, sich selbst weiter zu informieren. Infotainment der allerfeinsten Sorte.
Zweite Hälfte des Buches: wer gerne anderen Gutmenschen zuhört, wie sie erzählen, warum früher alles besser war und wie die Gesellschaft heute den Bach hinuntergeht, wird Gefallen daran finden. Wer auf Antworten zu den gestellten Fragen hofft, wird jedoch sehr, sehr schwer enttäuscht werden. Ich bin enttäuscht, so kannte ich Ranga bisher nicht :(
SaschaSalamander 31.01.2011, 18.10 | (0/0) Kommentare | PL
Sterbenskalt
Der dritte Roman handelt von dem Undercover Agent Frank Mackay, mit welchem die Protagonistin des zweiten Bandes einige Male Kontakt während ihrer Arbeit hatte. Nun also erfährt der Leser die Geschichte des schrulligen Polizisten, der dank seiner eigenwilligen, ja sogar schon sturen Art nicht gerade durch Sympathie glänzte. Frank hatte sich vor vielen Jahren von seiner Familie getrennt und seitdem keinen Kontakt mehr. Nun erhält er einen Anruf und erfährt, dass der Koffer seiner Jugendliebe in einem leerstehenden Haus gefunden wurde. Eigentlich wollte er mit Rosie damals seine Heimat verlassen, alle Brücken abbrechen und mit ihr nach England gehen. Doch Rosie erschien niemals am vereinbarten Treffpunkt, nur ein Abschiedsbrief fand sich dort. Also machte er sich alleine auf den Weg und begann ein neues Leben, allerdings ohne Rosie.
Er fährt nun zurück an den Ort seiner Kindheit und Jugend, er trifft seine Familie und erfährt, dass Rosie einem Verbrechen zum Opfer fiel. Wer konnte von ihrem Plan gewusst haben damals, und warum wurde Rosie getötet? Die Frage nach Rosies Tod führt Frank immer tiefer in seine eigene Vergangenheit, und es werden Fragen aufgeworgen, deren Antworten sehr schmerzvoll für ihn sind. Es mag am Ende noch immer um die Aufklärung des Verbrechens gehen, doch vielmehr ist der Roman vor allem ein Familiendrama, welches unaufhaltsam auf einen tragischen Höhepunkt hinausläuft.
Während viele moderne Krimis auf möglichst viel Blut, Gewalt, Ekel setzen, ist Tana French eine derjenigen Autoren, die sich lieber in die psychologischen Tiefen begeben. Klar umreißt sie ihre Figuren, lässt sie vor dem Auge des Lesers lebendig werden, verleiht ihnen Charakter, Emotion und Persönlichkeit. Ihr Handeln, ihre Gedanken, Gefühle und vor allem Abgründe sind das wesentliche Element des Romans, die Tätersuche zwar immer im Zentrum aber doch nur ein kleiner Teil des großen gesamten Werkes als Mittel zum Zweck, um die Handlung voranzutreiben.
Franks Familie ist kaputt, zerrüttet, und doch empfinden sie sich als recht normal, und der Leser wird zwischen die Fronten geschickt. Da ist auf der einen Seite Frank, der anders sein will und sich davon distanziert. Und da ist die Familie, abgewreckt und bemerkt es nicht einmal, aber hält wenigstens zusammen. Der Vater Alkoholiker, die Mutter ein Hausdrachen, die Kinder haben es nicht wirklich zu etwas gebracht, aber niemand weiß so recht wie man daraus ausbrechen sollte, auch wenn sie alle davon träumen. In dieser dichten Atmosphäre befindet man sich von der ersten zur letzten Seite, glaubt selbst in dem kleinen Häuschen zu stehen und dabeizusein.
Und wie es sich für einen Roman dieser Art gehört: man lernt die Figuren nicht nur kennen, sondern sie entwickeln sich. Vor allem Frank erfährt sehr viel über seine Rollen als Vater, Exmann, Sohn, Bruder, Polizist, und er muss immer mehr sein Selbst hinterfragen. Ist er wirklich soviel anders geworden als das, was er niemals hatte werden wollen? Unausgesprochen steht bei STERBENSKALT sehr oft die Frage nach dem Dilemma zwischen "Schicksal" und "freier Wille" ...
Frank ist ein klassischer Antiheld, und er baut eine Menge Mist, bei dem man nur den Kopf schütteln kann. Und doch ist sein Verhalten nachvollziehbar, empfindet man stellenweise sogar Mitleid und vielleicht ein wenig Sympathie. Es ist gut, dass French ihren Romanfiguren nicht wie andere Autoren gleich mehrere Bücher widmet, sondern statt dessen pro Titel wechselt. In STERBENSKALT ist Frank erträglich und überaus interessant, aber dann ist es auch gut. Ich denke, die Hauptfigur des vierten Bandes ist ermutlich bereits klar, und ich hoffe, dass ich mit meiner Vermutung Recht behalte, denn ein Mitarbeiter stach für mich besonders heraus, den ich gerne näher kennenlernen würde.
Wer die ersten beiden Romane von Tana French mochte, wird auch den dritten verschlingen. Kein Blut, keine Gewalt, dafür Psychologie und Drama, gepaart mit einem lange zurückliegenden Mord. Keine Verfolgungsjagden, keine Action, statt dessen spannende Diskussionen und tiefgründige Charaktere. STERBENSKALT ist ein absoluter Volltreffer, wenn man dieses Genre mag! :-)
SaschaSalamander 24.01.2011, 10.43 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL
Der Übergang
Zuerst einmal zum Inhalt: im ersten Drittel lernt der Leser sehr viele Figuren kennen. Allen voran das Mädchen Amy, welches von seiner Mutter in einem Kloster zurückgelassen wird. Die Vorgeschichte der Mutter. Das Polizistenteam, welches das Mädchen abholen wird. Forscher, die im Dschungel ungewöhnliche Erlebnisse notieren. Verbrecher, die für eine besondere Aufgabe rekrutiert werden. Wissenschaftler, die mit den Gefangenen Versuche durchführen. Die "Wächter", welche auf die Versuchsobjekte aufpassen. Und die Versuchsobjekte an sich. Und als der Leser langsam begreift, worauf es hinausläuft, gibt es einen großen Knall, und die Welt, wie wir sie kennen, schliddert ihrem Untergang entgegen. Ich hatte begonnen, ein Dramatis Personae zu erstellen. Als so ziemlich jede Person wenige Seiten nach dem Erscheinen allerdings wieder verschwand, habe ich den Zettel zerrissen ...
Der zweite Teil beschreibt das Leben rund 100 Jahre nach dem Zeitpunkt Null. Virals / Smoker / Jumper, wie man die früheren Versuchsobjekte nennt, stellen eine Bedrohung für die wenigen verbliebenen Menschen dar, die in Kolonien leben. Man lernt die einzelnen Mitglieder der Kolonie kennen. Dafür, dass es einige der wenigen verbliebenen Überlebenden sind, sind es sehr wenige. Dafür, dass sie dem Leser alle vorgestellt werden, sind es recht viele. Das Leben in der Kolonie wird ausführlich und spannend beschrieben. Und gegen Ende des zweiten Drittels taucht Amy endlich wieder auf.
Und dann macht sich die Gruppe im dritten Teil gemeinsam mit Amy auf nach Colorado, weil sie dort auf Antworten und einen Neubeginn hoffen.
Der Roman ist recht breit geschrieben, und dennoch bleiben sehr viele Fragen offen oder werden nur unbefriedigend beantwortet. Das Buch ist der erste Teil einer Trilogie und endet sehr spontan, daher kann es sein, dass die Antworten in den Folgebänden gegeben werden. Oder aber der Autor hat sich in der Masse seines eigenen Buches verloren. Beides scheint mir möglich. Ich finde es jedenfalls frustrierend, wenn ich fünzig Personen inclusive Vorgeschichte und Innenleben kennenlerne, die kurz darauf sterben, sodass alles, was ich über sie erfahren habe, zum Rest des Buches nicht mehr beiträgt und unwichtig wird. Mir fehlt die Komplexität über das Buch hinweg, vermeintliche Tiefe entsteht durch das eindringliche Beschreiben der (kurz danach sowieso ablebenden) Personen. Die eigentliche Handlung ließe sich in weniger als 500 Seiten problemlos beschreiben.
Obwohl die Charaktere sehr ausführlich beschrieben werden, konnte ich mich nur in sehr wenige wirklich hineinfühlen, mich mit niemandem identifizieren, hatte keine Lieblingsfiguren. Sogar das Mädchen Amy bleibt leider recht flach, da zwar beschrieben wird, was mit ihr geschieht, jedoch nicht, was sie fühlt und wie sie damit umgeht.
Auch hätte ich mir gerade von einem Buch wie diesem gewünscht, dass es ein Pageturner ist. Dass ich die Nächte durchmache und nach wenigen Tagen fertig bin mit Lesen. Statt dessen habe ich mehrere Wochen gebraucht, weil es einfach wenig Anreiz gab zum Weiterlesen. Zu zerstückelt, zu viele Personen, zu weit bis hin zum nächsten Lieblingscharakter. Ein Cliffhanger dient normalerweise dazu, dass man weiterlesen möchte. Anfangs hatte das bei mir auch funktioniert, doch als ich merkte, dass es oft mehrere Kapitel dauerte, bis es an der entsprechenden Stelle weiterging, weil in der Zwischenzeit zu viele andere Dinge beschrieben wurden, verlor ich irgendwann das Interesse und habe mich eher hindurchgequält.
Es gibt bereits Diskussionen über eine Verfilmung, und soweit ich erfahren habe, wurden da bereits Rechte verkauft. Als Film kann ich mir den ÜBERGANG sehr, sehr gut vorstellen, und den Film würde ich mir sofort ansehen, lieber als das Buch zu lesen. Denn der Stoff ist absolut klasse, und es hat das Zeug zu einem Klassiker eines Tages.
Warum habe ich nun also weitergelesen, obwohl ich soviel zu bekritteln habe? Das Buch ist auf jeden Fall sehr atmosphärisch. Wenn man die Muse hat, sich in der Handlung zu vertiefen, dann kann man ausgiebig in die neue düstere Welt abtauchen. DER ÜBERGANG erzeugt beim Leser ein beklemmendes Gefühl, der Autor lässt lebendige Bilder entstehen, die nur schwer zu vergessen sind ob ihrer Eindringlichkeit und Dichte. Man will auf jeden Fall wissen, wie es weitergeht mit Amy. Man will Antworten auf die Fragen, die einen von der ersten Seite an gepackt haben. Und man will unbedingt erfahren, auf was das alles hinauslaufen wird.
Und obwohl Cronin mit seinem Schreibstil stark an King, Hohlbein oder ähnliche ausschweifende Masseautoren erinnert, hat er doch einen ganz eigenen Stil der erkennen lässt, dass er zwar Vorbilder hatte, jedoch von niemandem abschrieb. Er hat eine ganz eigene Welt geschaffen, die zwar klar an andere Titel (siehe oben) erinnert, aber so etwas ist eigentlich kaum zu vermeiden bei diesem Genre. Vor allem die Darstellung der "Vampire" gefiel mir sehr gut: ich hatte befürchtet, wieder einen billigen Vampir-Abklatsch zu lesen, doch das Thema wurde komplett neu gedeutet, und der Begriff "Vampire" wurde nur sehr selten genannt und eher von den Lesern im Web geprägt als von Cronin selbst. Auch, wenn das Buch auf den ersten Blick aussieht, als würde es sämtliche Hypes bedienen, stellt man sehr schnell fest, dass der Autor eine sehr gute, eigene Idee hatte und diese auch zielstrebig verfolgt.
Die Frage zum Abschluss: werde ich mir Teil zwei und drei holen, sobald es erscheint? Und ich muss sagen, ich weiß es noch nicht. Als Buch vermutlich auf keinen Fall. Vielleicht als Hörbuch, damit ich die Handlung ein wenig geraffter vor mir habe. Oder als Film, wenn es dann tatsächlich komplett auf Leinwand erscheinen sollte.
Und ob ich den ÜBERGANG empfehle? Unbedingt ja und irgendwie eher nein. Ich kann es auch nicht direkt einem konkreten Leserkreis zuordnen. Denn eigentlich wäre ich die klassische Zielgruppe (dicker Wälzer, Fantasy, Dystopie, ausufernde Erzählung, atmosphärische Dichte, eher Psychologie als Action), und doch gefiel es mir nicht so gut wie erwartet. Die Meinungen zu diesem Buch werden auseinander gehen, die einen werden das Buch lieben, die anderen werden es nach spätestens dem ersten Drittel weglegen. Aber wozu mach gehört, kann man vorab leider kaum an etwas festmachen. Also einfach selbst reinschnuppern und dann entscheiden ;)
SaschaSalamander 17.01.2011, 16.21 | (0/0) Kommentare | PL
Die Prophezeiung der Schwestern
Zwei Schwestern, Alice und Lia. Und doch so verschieden, wie Zwillinge nur sein können.Nachdem die Mutter vor vielen Jahren verstarb, scheidet nun auch der Vater auf geheimnisvolle Weise dahin. Lia erfährt kurz darauf von einer Prophezeiung: zwei Schwestern sollen das Schicksal der Welt entscheiden. Eine als Tor, durch welche die dunklen Seelen in unsere Welt gelangen werden. Die andere als Wächter, dies zu verhindern. Doch welche Rolle spielt Lia, welchen Part der Prophezeiung soll sie erfüllen? Immer mehr entfremdet sie sich von ihrer Schwester, die zu ihrer Feindin wird. Gemeinsam mit ihren Freundinnen versucht Lia herauszufinden, wie sie das Schlimmste verhindern und die Welt vor dem Verderben schützen kann. Doch die dunklen Mächte sind stark, und Lia spürt ihre Kraft erwachsen. Wird sie sich zur Wehr setzen können gegen das ihr vorbestimmte Schicksal?
Ja, doch, ich hatte das Buch wider Erwarten dann in zwei Tagen gelesen. Die Kapitel sind angenehm kurz, der Schreibstil ist flüssig und angenehm. Auch, wenn das Buch als "All-Age-Fantasy" vermarktet wird, halte ich es allerdings eher für ein Jugendbuch, das hier und da zwar auch erwachsenen Lesern gefallen wird, aber eben trotzdem ein Buch bleibt, mit dem vor allem junge Mädchen zwischen 12 und 16 sich identifizieren können mit ihrer Gefühlswelt, ihrem Handeln und Denken.
Die Handlung enthält zwar einige Klischees (verwaiste Geschwister, eine alte Prophezeiung, das Ende der Welt usw), aber trotzdem wirkt das Buch nicht wie eines, das man schon mehrfach gelesen hätte. Vor allem gefällt es mir, dass die Geschichte zwar relativ geradlinig verläuft (eben einfach zu lesen und für jüngeres Lesealter), aber dennoch genügend Raum lässt für einige spannenden Überraschungen. Auch gefällt es mir, dass die Handlung nicht unnötig gestreckt wird, und dass sie dennoch ruhig und gemütlich fließt.
Wer auf Action setzt, wer es gerne wild und abenteuerlich hat, der wird sich mit den Schwestern schnell langweilen. Aber wer gerne in einer dichten Atmosphäre versinkt, wer gerne schwermütige, ruhige Erzählungen liebt, der wird Lia schnell ins Herz schließen :-)
SaschaSalamander 10.01.2011, 17.52 | (0/0) Kommentare | PL
ø pro Tag: 0,5
Kommentare: 2809
ø pro Eintrag: 0,7
Online seit dem: 21.04.2005
in Tagen: 7132