SaschaSalamander

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Die Tür

t__r_1.jpgAls ich damals hörte, dass DIE TÜR ins Kino kommt, war ich sofort hellhörig. Etwa die Verflimung des Romanes "die Damalstür", den ich vor zig Jahren so gerne gelesen hatte? Eines der wenigen Bücher, die mir sehr stark im Gedächtnis geblieben sind, weil sie mich sehr bewegt hatten und mir außerordentlich gut gefielen. Dann aber kam der Film nur sehr kurz im Kino, und noch dazu an recht fiesen Uhrzeiten. Auf die DVD musste ich eine Ewigkeit warten (ganz miese Vermarktung, wie das damals ablief, habe es frustriert mitverfolgt), und irgendwann habe ich den Film wieder vergessen, bis ich kürzlich in der Videothek drüberstolperte.

David Andernach ist Maler, seine Ehe steckt in der Krise. Während eines Seitensprungs mit der Nachbarin verstirbt seine Tochter bei einem Unfall, und in den nächsten fünf Jahren geht es immer weiter bergab, er verliert seine Frau, seine Karriere, beginnt zu trinken. Da findet er plötzlich eine Tür, welche ihn fünf Jahre in die Vergangenheit führt, und er beschließt einen Neuanfang, gibt der Geliebten den Laufpass, rettet der kleinen Tochter statt dessen das Leben und wird ein besserer Vater. Aber natürlich hat das Glück auch seine Tücken: was soll mit seinem jüngeren Ich geschehen? Wird er seinem Umfeld vorgaukeln können, er sei der andere David? Wie reagiert seine Tochter auf den neuen Vater? Einmal begonnen gibt es kein Zurück mehr, und die erste Lüge zieht immer größere Kreise, ...

Ich wusste, dass es ein deutscher Film ist, trotzdem wollte ich ihn sehen. Leider hat er mich sehr enttäuscht. Dass ein Film nicht eins zu eins umgesetzt werden kann, ist klar, schließlich ist ein Film ein ganz anderes Medium und hat ganz eigene Bedürfnisse. Dass aber aus einem astreinen Horrortitel in allerbester King-Manier (für mich ist Pirincci einfach der deutsche Stephen King, zumindest in Werken wie dem RUMPF oder der DAMALSTÜR) ein klassisch deutsches Drama gemacht wird, hat mich sehr geschmerzt. Und auch sonst gibt es enorm viele Änderungen, die eigentlich mit der Romanvorlage kaum noch etwas zu tun haben und die gesamte Handlung auf den Kopf stellen. Ich frage mich, warum man ein Buch sosehr umoperieren muss, dass von der Vorlage nur noch die Grundidee erhalten bleibt?

Die Rezensionen, die ich im Web fand, waren fast alle recht positiv, es sei ein prima Drama, die Schauspieler seien hervorragend, eine prima Umsetzung, und so weiter. Aber mich konnte DIE TÜR einfach nicht überzeugen. Nach dem Film saß ich frustriert auf dem Sofa und wünschte mir nur eines: ein amerikanisches Remake, das sich besser an die Buchvorlage hält und so richtig schön gruslig ist statt mit pseudointellektuellen Dialogen die Spannung zu zerstören.

Die Schauspieler wirken auf mich sehr kühl. Mads Mikkelsen passte für mich einfach nicht in die Rolle des David (warum musste man sogar die Namen der Protagonisten ändern?!?), und auch bei den anderen Figuren kam nicht einen Moment Sympathie oder Verständnis auf. Vielleicht bin ich nicht deutsch genug, denn dieses Problem habe ich bei sehr, sehr vielen deutschen Filmen *grübel*.

Zur Handlung dachte ich mir ständig "unlogisch", "sowas würde doch kein normaler Mensch tun" oder "wie blöd ist der denn", ich konnte einfach nichts davon nachvollziehen. Das Buch ist reine Fiktion und kommt als solche sehr gut beim Leser an, sodass die Frage nach der Logik sich nicht stellt. Niemand fragt bei einem Horrorroman "ist dieser Zombie nicht ein wenig unlogisch?", aber bei einem Drama ist diese Frage berechtigt, und diese Mischung aus Fiktion und Drama ist in meinen Augen weder Fisch noch Fleisch. Und gegen Ende, als der Nachbar auftaucht, wird es dann auf einmal fast schon zu einer Farce, wie ein plumper Versuch, doch noch Horrorelemente einzustreuer. Zu unlogisch und unseriös für ein Drama, zu zahnlos für Fiktion.

Normalerweise versuche ich, Film und Buch nicht so extrem zu vergleichen. In diesem Fall habe ich es trotzdem getan, weil das Buch eines ist, das mir sehr am Herzen lag. Und ich hatte sehr hohe Erwartungen in den Film gesetzt. Vielleicht hätte ich ihn mit anderen Augen gesehen, wenn ich das Buch nicht gelesen hätte, aber das kann ich nicht beurteilen. Ein Fazit möchte ich dieses Mal nicht schreiben, denn ich weiß, dass meine Meinung dieses Mal viel zu subjektiv und vorbelastet ist, als dass ich neutral urteilen könnte.

SaschaSalamander 26.01.2011, 10.44 | (0/0) Kommentare | PL

Numbers

Heute habe ich begonnen, NUMBERS zu hören. Ein Mädchen sieht das Todesdatum in den Gesichtern ihrer Mitmenschen und wird dadurch zur Außenseiterin. Interessantes Thema. Ich stehe noch ganz am Anfang, dem ersten Kennenlernen der beiden Protagonisten. Aber bisher hört es sich schon prima an, und ich bin gespannt, wie es weitergeht. Ist mal ein mystisches Thema, aber komplett anders als die sonst aktuellen Sachen. Ich freue mich immer über neue Ideen :-)

SaschaSalamander 25.01.2011, 19.43 | (0/0) Kommentare | PL

Sterbenskalt

french_sterbenskalt_1.jpgNach ihren beiden Erfolgen >GRABESGRÜN< und >TOTENGLEICH< erschien nun im Dezember ihr dritter Titel: STERBENSKALT. Da mir die ersten beiden Romane so gut gefallen hatten, musste ich natürlich auch gleich den dritten lesen. Ich gebe zu, ein wenig hatte ich Bange: je mehr Romane ein Autor schreibt, desto mehr gleichen sie sich meist in Inhalt und Aufbau, desto durchsichtiger werden sie für den Stammleser, desto weniger gefallen sie mir. Doch wie erhofft gelang es Tana French erneut, mich zu begeistern!

Der dritte Roman handelt von dem Undercover Agent Frank Mackay, mit welchem die Protagonistin des zweiten Bandes einige Male Kontakt während ihrer Arbeit hatte. Nun also erfährt der Leser die Geschichte des schrulligen Polizisten, der dank seiner eigenwilligen, ja sogar schon sturen Art nicht gerade durch Sympathie glänzte. Frank hatte sich vor vielen Jahren von seiner Familie getrennt und seitdem keinen Kontakt mehr. Nun erhält er einen Anruf und erfährt, dass der Koffer seiner Jugendliebe in einem leerstehenden Haus gefunden wurde. Eigentlich wollte er mit Rosie damals seine Heimat verlassen, alle Brücken abbrechen und mit ihr nach England gehen. Doch Rosie erschien niemals am vereinbarten Treffpunkt, nur ein Abschiedsbrief fand sich dort. Also machte er sich alleine auf den Weg und begann ein neues Leben, allerdings ohne Rosie.

Er fährt nun zurück an den Ort seiner Kindheit und Jugend, er trifft seine Familie und erfährt, dass Rosie einem Verbrechen zum Opfer fiel. Wer konnte von ihrem Plan gewusst haben damals, und warum wurde Rosie getötet? Die Frage nach Rosies Tod führt Frank immer tiefer in seine eigene Vergangenheit, und es werden Fragen aufgeworgen, deren Antworten sehr schmerzvoll für ihn sind. Es mag am Ende noch immer um die Aufklärung des Verbrechens gehen, doch vielmehr ist der Roman vor allem ein Familiendrama, welches unaufhaltsam auf einen tragischen Höhepunkt hinausläuft.

Während viele moderne Krimis auf möglichst viel Blut, Gewalt, Ekel setzen, ist Tana French eine derjenigen Autoren, die sich lieber in die psychologischen Tiefen begeben. Klar umreißt sie ihre Figuren, lässt sie vor dem Auge des Lesers lebendig werden, verleiht ihnen Charakter, Emotion und Persönlichkeit. Ihr Handeln, ihre Gedanken, Gefühle und vor allem Abgründe sind das wesentliche Element des Romans, die Tätersuche zwar immer im Zentrum aber doch nur ein kleiner Teil des großen gesamten Werkes als Mittel zum Zweck, um die Handlung voranzutreiben.

Franks Familie ist kaputt, zerrüttet, und doch empfinden sie sich als recht normal, und der Leser wird zwischen die Fronten geschickt. Da ist auf der einen Seite Frank, der anders sein will und sich davon distanziert. Und da ist die Familie, abgewreckt und bemerkt es nicht einmal, aber hält wenigstens zusammen. Der Vater Alkoholiker, die Mutter ein Hausdrachen, die Kinder haben es nicht wirklich zu etwas gebracht, aber niemand weiß so recht wie man daraus ausbrechen sollte, auch wenn sie alle davon träumen. In dieser dichten Atmosphäre befindet man sich von der ersten zur letzten Seite, glaubt selbst in dem kleinen Häuschen zu stehen und dabeizusein.

Und wie es sich für einen Roman dieser Art gehört: man lernt die Figuren nicht nur kennen, sondern sie entwickeln sich. Vor allem Frank erfährt sehr viel über seine Rollen als Vater, Exmann, Sohn, Bruder, Polizist, und er muss immer mehr sein Selbst hinterfragen. Ist er wirklich soviel anders geworden als das, was er niemals hatte werden wollen? Unausgesprochen steht bei STERBENSKALT sehr oft die Frage nach dem Dilemma zwischen "Schicksal" und "freier Wille" ...

Frank ist ein klassischer Antiheld, und er baut eine Menge Mist, bei dem man nur den Kopf schütteln kann. Und doch ist sein Verhalten nachvollziehbar, empfindet man stellenweise sogar Mitleid und vielleicht ein wenig Sympathie. Es ist gut, dass French ihren Romanfiguren nicht wie andere Autoren gleich mehrere Bücher widmet, sondern statt dessen pro Titel wechselt. In STERBENSKALT ist Frank erträglich und überaus interessant, aber dann ist es auch gut. Ich denke, die Hauptfigur des vierten Bandes ist  ermutlich bereits klar, und ich hoffe, dass ich mit meiner Vermutung Recht behalte, denn ein Mitarbeiter stach für mich besonders heraus, den ich gerne näher kennenlernen würde.

Wer die ersten beiden Romane von Tana French mochte, wird auch den dritten verschlingen. Kein Blut, keine Gewalt, dafür Psychologie und Drama, gepaart mit einem lange zurückliegenden Mord. Keine Verfolgungsjagden, keine Action, statt dessen spannende Diskussionen und tiefgründige Charaktere. STERBENSKALT ist ein absoluter Volltreffer, wenn man dieses Genre mag! :-)

SaschaSalamander 24.01.2011, 10.43 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Statistik KW 03

Gelesen / Gehört
Hunger Games III - Mockingjay (S Collins)
Sex on the Beach (Anthologie)
Shaolin (B Moestl)
Ach so (R Yogeshwar)
Blutlust (R Blake)
Boy 7 (M Mous)
Der Hypnotiseur (L Kepler)
Professor Zamorra 01-02
Trigger (W Dorn)
(...)


Gesehen
Sweeney Todd
Die Elenden 1-4
Keine halben Sachen


Geschenkt
/

Getauscht
Ich bin so guter Dinge (Goethe für Kinder)
LTB 143 - d Geheimnis d Silberleuchter

 Gekauft
/

SaschaSalamander 23.01.2011, 20.23 | (0/0) Kommentare | PL

Die Elenden

Ich sehe mir wieder einmal die vierteilige Verfilmung von "die Elenden" an. Von allen Varianten, die ich kenne, ist dies noch immer die der Vorlage nächste. Hat zwar ein paar Schwächen, aber trotzdem bringt es den Inhalt sehr gut rüber und verfälscht nur sehr wenig. Eigentlich halte ich dieses Buch ja aufgrund seiner Komplexität für unverfilmbar, und viele mir persönlich wichtigen Zusammenhänge wurden auch weggelassen. Aber für das, was umsetzbar ist, haben sie es wirklich prima gemacht.

Ach mensch, ich könnte immer heulen, wenn ich an das Buch denke. Kein Buch, das mich jemals mehr bewegt hat als dieses. Seine Bedeutung bis heute relevant, und die Tragik bis heute andauernd. Soviel Leid und Elend auf einem Haufen wie in diesem Buch ist nicht auszuhalten. Und das Schlimmste daran ist, dass es leider nur allzu realistisch ist ...

Gibt es ein Buch, das Euer absoluter Favorit ist, ohne Wenn und Aber, ohne Zweifel, sofort und ohne Nachdenken? Ein Buch, das Euch sosehr bewegt hat, dass es Euch seitdem nicht mehr losließ?

(bitte das "Buch der Bücher" außer Konkurrenz, klar bewegt es vieles und verändert eine Menge für einige seiner Leser, aber das meine ich nicht. Die Bibel steht hier mal außer Konkurrenz)

SaschaSalamander 21.01.2011, 21.32 | (0/0) Kommentare | PL

Trigger

Den HYPNOTISEUR habe ich gestern abgebrochen. Irgendwie kann ich mich nicht mit dem Erzählstil der beiden Autoren (die sich gemeinsam hinter dem Pseudonym Lars Kepler verbergen) anfreunden. Könnte es nicht einmal wirklich beschreiben, hat mich aber eben einfach nicht angesprochen.

Statt dessen höre ich nun TRIGGER von Wulf Dorn. Schon eher mein Ding. Ein deutscher Autor, erinnert mich ein wenig an Fitzek (etwas geschieht, ist es Einbdilung oder Realität, man kann niemandem mehr trauen). Die Handlung ist bisher sehr spannend, nicht weltbewegend neu, und natürlich habe ich so meine Vermutungen über den weiteren Verlauf der Geschichte. Mal sehen, ob ich richtig liege damit?

Auf jeden Fall packt mich die Story, und ich möchte wissen, wer oder was dahintersteckt. Und was mich besonders fasziniert: endlich mal ein Autor, der auch gut vorlesen kann. Autorenlesungen sind toll, aber meistens leider nicht zu empfehlen. Was man von Wulf Dorn nicht behaupten kann, seine Stimme ist angenehm, sein Vortrag mitreißend, und ich hätte auch nichts dagegen, ihm als professionellen Sprecher (wenn er ein klein wenig mehr Übung hat, aber das wird ihm schnell gelingen, er ist wirklich top) auch in anderen Vertonungen zu lauschen. Schon ein knappes Viertel habe ich heute geschafft. Ich hoffe, dass ich am Wochenende genügend Hausarbeit finde, um auch den Rest zu hören! ;-)

SaschaSalamander 21.01.2011, 15.56 | (0/0) Kommentare | PL

Unmut über Post

Bis vor einigen Wochen war für mich klar: wenn ich heute etwas zur Post gebe, dann ist es morgen da. Ein Brief, ein Paket, eine Büchersendung. Gut, Büchersendungen können manchmal auch zwei oder drei Tage dauern, aber vier von fünf Sendungen kamen am nächsten Tag an. Heute abgeben, morgen erhalten. Keine Probleme.

Aber seit Anfang Dezember habe ich nonstop Probleme. Eine Büchersendung, die verschwunden ist. Ein Paket, das nie ankam (Montag letzte Woche, also vor acht Tagen, sandte Amazon ein Paket von 90 Euro Elektrokram an uns, das ist verschollen, gestern hat Amazon eine Nachforschung in Auftrag gegeben, aber noch bekamen wir keine Nachricht). Alle Briefe und Büchersendungen dauern mindestens drei bis vier Tage. Zwei Pakete, die ich versendet habe, kamen erst eine halbe Woche später an.

Gestern brachte ich zwei Pakete, einen Brief und vier Büchersendungen zur Post. Mal sehen, wann das alles ankommen wird. Wenn überhaupt. Und langsam frage ich mich, was dahintersteckt!

Mir ist klar, dass es immer mal passieren kann, dass man Pech hat. Dass eine Sendung verlorengeht. Dass etwas länger braucht. Dass grade bei dem Wetter vor einiger Zeit oder bei dem Weihnachtsstress vor ein paar Wochen einiges verzögert ist. Aber es ist Mitte Januar, die Straßen sind nicht vereist (bei Hochwasser kann man einen Umweg fahren, aber der dauert keine 9 Tage), wir haben keine Feiertage mehr, und die Prozentzahl für "zufälligerweise einfach blöd gelaufen" ist weit, weit, weit überschritten ...

SaschaSalamander 18.01.2011, 17.31 | (0/0) Kommentare | PL

Der Hypnotiseur

Ich habe gestern begonnen den HYPNOTISEUR zu hören. Irgendwie will ich nicht recht reinkommen, es hat mehrere Gründe. Abbrechen nicht, ich möchte dem Buch eine Chance geben, denn wirklich weit bin ich noch nicht gekommen. Allerdings habe ich mich nun im Web umgesehen nach Rezensionen: die Lager sind erstaunlich stark gespalten. Noch möchte ich nicht sagen, wozu ich gehöre. Aber was ich herausgelesen habe ist auf jeden Fall, dass es wohl sehr komplex, verworren und verschachtelt sein muss. Nun gut, ich warte ab und warte noch etwas. Mal sehen, zu welcher Fraktion ich dann gehören werde ...

Wenn ich jetzt abbreche, ärgere ich mich. Denn bei einem Hörbuch ist es blöd, in die hinteren Tracks reinzuzappen, wer der Mörder war. Das ist einer der Nachteile, die eine CD gegenüber einem Buch hat, in welchem man sich die richtige Stelle flink mit Überfliegen herauspicken kann ;-)

SaschaSalamander 18.01.2011, 14.31 | (0/0) Kommentare | PL

Der Übergang

cronin_uebergang_1.jpgEine Rezension zu diesem Buch zu schreiben, fällt mir nicht leicht. Normalerweise bin ich absolut überzeugt von einem Titel, dann fließen die Worte wie von selbst aus den Fingern. Oder ich mochte das Buch gar nicht, dann finde ich ein paar neutrale Worte, meinen Unmut zu beschreiben. Aber was, wenn ein Buch genau dazwischen liegt? Zweigeteilte Rezensionen schreibe ich nur sehr selten. Angenehmer wäre es fast, einen kompletten Verriss zu verfassen oder eine begeisterte Lobeshymne anzustimmen. Doch wie soll man diese beiden Varianten vereinen? Ich werde es versuchen.

Zuerst einmal zum Inhalt: im ersten Drittel lernt der Leser sehr viele Figuren kennen. Allen voran das Mädchen Amy, welches von seiner Mutter in einem Kloster zurückgelassen wird. Die Vorgeschichte der Mutter. Das Polizistenteam, welches das Mädchen abholen wird. Forscher, die im Dschungel ungewöhnliche Erlebnisse notieren. Verbrecher, die für eine besondere Aufgabe rekrutiert werden. Wissenschaftler, die mit den Gefangenen Versuche durchführen. Die "Wächter", welche auf die Versuchsobjekte aufpassen. Und die Versuchsobjekte an sich. Und als der Leser langsam begreift, worauf es hinausläuft, gibt es einen großen Knall, und die Welt, wie wir sie kennen, schliddert ihrem Untergang entgegen. Ich hatte begonnen, ein Dramatis Personae zu erstellen. Als so ziemlich jede Person wenige Seiten nach dem Erscheinen allerdings wieder verschwand, habe ich den Zettel zerrissen ...

Der zweite Teil beschreibt das Leben rund 100 Jahre nach dem Zeitpunkt Null. Virals / Smoker / Jumper, wie man die früheren Versuchsobjekte nennt, stellen eine Bedrohung für die wenigen verbliebenen Menschen dar, die in Kolonien leben. Man lernt die einzelnen Mitglieder der Kolonie kennen. Dafür, dass es einige der wenigen verbliebenen Überlebenden sind, sind es sehr wenige. Dafür, dass sie dem Leser alle vorgestellt werden, sind es recht viele. Das Leben in der Kolonie wird ausführlich und spannend beschrieben. Und gegen Ende des zweiten Drittels taucht Amy endlich wieder auf.

Und dann macht sich die Gruppe im dritten Teil gemeinsam mit Amy auf nach Colorado, weil sie dort auf Antworten und einen Neubeginn hoffen.

Was beim Lesen auffällt ist bereits zu Beginn, dass es sehr viele Parallelen zu allen möglichen bekannten Büchern und Filmen gibt. Einer der Verbrecher erinnert an den Schwarzen aus GREEN MILE. Eine Szene im Zoo lässt sofort an HARRY POTTER denken. OUTBREAK, 28 DAYS AFTER behandeln in ähnlicher Weise den Katastrophenzustand kurz nach Ausbruch. I AM LEGEND und THE STAND zeigen ein dystopisches Szenario ähnlicher Struktur. Einige weitere Titel könnte man noch nennen, und viel zu oft hat man das Gefühl "kenne ich bereits". Trotzdem ist es Justin Cronin gelungen, den Roman als etwas ganz Eigenes darzustellen, das auch den Vergleich in keinster Weise zu scheuen braucht. Es ist klar, dass die Elemente nicht abgekupfert sind, sondern aufgrund des Inhaltes lediglich daran erinnern. Das Rad kann man leider nicht neu erfinden.

Der Roman ist recht breit geschrieben, und dennoch bleiben sehr viele Fragen offen oder werden nur unbefriedigend beantwortet. Das Buch ist der erste Teil einer Trilogie und endet sehr spontan, daher kann es sein, dass die Antworten in den Folgebänden gegeben werden. Oder aber der Autor hat sich in der Masse seines eigenen Buches verloren. Beides scheint mir möglich. Ich finde es jedenfalls frustrierend, wenn ich fünzig Personen inclusive Vorgeschichte und Innenleben kennenlerne, die kurz darauf sterben, sodass alles, was ich über sie erfahren habe, zum Rest des Buches nicht mehr beiträgt und unwichtig wird. Mir fehlt die Komplexität über das Buch hinweg, vermeintliche Tiefe entsteht durch das eindringliche Beschreiben der (kurz danach sowieso ablebenden) Personen. Die eigentliche Handlung ließe sich in weniger als 500 Seiten problemlos beschreiben.

Obwohl die Charaktere sehr ausführlich beschrieben werden, konnte ich mich nur in sehr wenige wirklich hineinfühlen, mich mit niemandem identifizieren, hatte keine Lieblingsfiguren. Sogar das Mädchen Amy bleibt leider recht flach, da zwar beschrieben wird, was mit ihr geschieht, jedoch nicht, was sie fühlt und wie sie damit umgeht.

Auch hätte ich mir gerade von einem Buch wie diesem gewünscht, dass es ein Pageturner ist. Dass ich die Nächte durchmache und nach wenigen Tagen fertig bin mit Lesen. Statt dessen habe ich mehrere Wochen gebraucht, weil es einfach wenig Anreiz gab zum Weiterlesen. Zu zerstückelt, zu viele Personen, zu weit bis hin zum nächsten Lieblingscharakter. Ein Cliffhanger dient normalerweise dazu, dass man weiterlesen möchte. Anfangs hatte das bei mir auch funktioniert, doch als ich merkte, dass es oft mehrere Kapitel dauerte, bis es an der entsprechenden Stelle weiterging, weil in der Zwischenzeit zu viele andere Dinge beschrieben wurden, verlor ich irgendwann das Interesse und habe mich eher hindurchgequält.

Es gibt bereits Diskussionen über eine Verfilmung, und soweit ich erfahren habe, wurden da bereits Rechte verkauft. Als Film kann ich mir den ÜBERGANG sehr, sehr gut vorstellen, und den Film würde ich mir sofort ansehen, lieber als das Buch zu lesen. Denn der Stoff ist absolut klasse, und es hat das Zeug zu einem Klassiker eines Tages.

Warum habe ich nun also weitergelesen, obwohl ich soviel zu bekritteln habe? Das Buch ist auf jeden Fall sehr atmosphärisch. Wenn man die Muse hat, sich in der Handlung zu vertiefen, dann kann man ausgiebig in die neue düstere Welt abtauchen. DER ÜBERGANG erzeugt beim Leser ein beklemmendes Gefühl, der Autor lässt lebendige Bilder entstehen, die nur schwer zu vergessen sind ob ihrer Eindringlichkeit und Dichte. Man will auf jeden Fall wissen, wie es weitergeht mit Amy. Man will Antworten auf die Fragen, die einen von der ersten Seite an gepackt haben. Und man will unbedingt erfahren, auf was das alles hinauslaufen wird.

Und obwohl Cronin mit seinem Schreibstil stark an King, Hohlbein oder ähnliche ausschweifende Masseautoren erinnert, hat er doch einen ganz eigenen Stil der erkennen lässt, dass er zwar Vorbilder hatte, jedoch von niemandem abschrieb. Er hat eine ganz eigene Welt geschaffen, die zwar klar an andere Titel (siehe oben) erinnert, aber so etwas ist eigentlich kaum zu vermeiden bei diesem Genre. Vor allem die Darstellung der "Vampire" gefiel mir sehr gut: ich hatte befürchtet, wieder einen billigen Vampir-Abklatsch zu lesen, doch das Thema wurde komplett neu gedeutet, und der Begriff "Vampire" wurde nur sehr selten genannt und eher von den Lesern im Web geprägt als von Cronin selbst. Auch, wenn das Buch auf den ersten Blick aussieht, als würde es sämtliche Hypes bedienen, stellt man sehr schnell fest, dass der Autor eine sehr gute, eigene Idee hatte und diese auch zielstrebig verfolgt.

Die Frage zum Abschluss: werde ich mir Teil zwei und drei holen, sobald es erscheint? Und ich muss sagen, ich weiß es noch nicht. Als Buch vermutlich auf keinen Fall. Vielleicht als Hörbuch, damit ich die Handlung ein wenig geraffter vor mir habe. Oder als Film, wenn es dann tatsächlich komplett auf Leinwand erscheinen sollte.

Und ob ich den ÜBERGANG empfehle? Unbedingt ja und irgendwie eher nein. Ich kann es auch nicht direkt einem konkreten Leserkreis zuordnen. Denn eigentlich wäre ich die klassische Zielgruppe (dicker Wälzer, Fantasy, Dystopie, ausufernde Erzählung, atmosphärische Dichte, eher Psychologie als Action), und doch gefiel es mir nicht so gut wie erwartet. Die Meinungen zu diesem Buch werden auseinander gehen, die einen werden das Buch lieben, die anderen werden es nach spätestens dem ersten Drittel weglegen. Aber wozu mach gehört, kann man vorab leider kaum an etwas festmachen. Also einfach selbst reinschnuppern und dann entscheiden ;)

SaschaSalamander 17.01.2011, 16.21 | (0/0) Kommentare | PL

Statistik KW 02

Gelesen / Gehört
Hunger Games III - Mockingjay (S Collins)
Sex on the Beach (Anthologie)
Shaolin (B Moestl)
Ach so (R Yogeshwar)
Die Prophezeiung der Schwestern (M Zink)
Erebos (U Poznanski)
Blutlust (R Blake)


Gesehen
/


Geschenkt
Blustlust (R Blake)


Getauscht
Borat (DVD)


 Gekauft
/

SaschaSalamander 16.01.2011, 17.13 | (0/0) Kommentare | PL

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